Presseinformation 114/2019

HALO-Messkampagne: Klimawandel in der Südhemisphäre

KIT, DLR, FZJ und die Universitäten Mainz und Frankfurt koordinieren eine Messkampagne – bisher wenig erforschte südliche Atmosphäre und ihre Auswirkungen auf den Klimawandel im Fokus
Mit dem Forschungsflugzeug HALO untersuchen Karlsruher Klimaforscher die chemischen Prozesse in der Atmosphäre über der Antarktis (Foto: Wieser/KIT)
Mit dem Forschungsflugzeug HALO untersuchen Karlsruher Klimaforscher die chemischen Prozesse in der Atmosphäre über der Antarktis (Foto: Wieser/KIT)

Spurengase wie Ozon und Wasserdampf sind effektive Treibhausgase und spielen eine wichtige Rolle im Klimawandel. Stoffe wie Flurchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), welche die Ozonschicht stark ausdünnen, sind zwar bereits seit Ende der 1980er Jahre verboten, es wird allerdings noch viele Jahrzehnte dauern, bis sich die Ozonschicht wieder erholt hat. Vor allem über der Antarktis hat sich ein großes Ozonloch gebildet. Welche Bedeutung dies für den Klimawandel auf der Südhemisphäre hat, untersucht die Kampagne „SouthTRAC“, an der auch das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) beteiligt ist.

 

Die Kampagne teilt sich in zwei Phasen: Im September 2019 stehen zunächst Schwerewellen an der Südspitze Amerikas sowie über der Antarktis im wissenschaftlichen Fokus. Diese Luftschwingungen werden beispielsweise durch Luftströmungen über Berge angeregt. Mit dem einfachen Auge kann man sie als Streifenmuster in Wolkenfeldern erkennen. In der zweiten Kampagnenphase im November untersuchen die Forscherinnen und Forscher den Luftmassenaustausch zwischen der ersten Schicht der Atmosphäre, der Troposphäre, und der Stratosphäre, die ab 18 Kilometern Höhe beginnt.

 

Die Transferflüge zwischen Europa und Südamerika nutzen die Forscherinnen und Forscher, um unter anderem den Einfluss des Verbrennens von Biomasse – wie aktuell im Amazonas-Regenwald – auf das Klima zu untersuchen. „In den Messflügen wollen wir vor allem die chemischen und dynamischen Prozesse untersuchen, die Spurengase wie Ozon und Wasserdampf in der Tropopausenregion beeinflussen“, sagt Dr. Björn-Martin Sinnhuber vom Institut Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Spurengase und Fernerkundung des KIT (IMK), der gemeinsam mit Kollegen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), des Forschungszentrums Jülich (FZJ) sowie der Universitäten Mainz und Frankfurt die Kampagne koordiniert. Weitere Partner sind die Bergische Universität Wuppertal und die Universität Heidelberg.

 

Auf den Transferflügen zwischen Europa und Südamerika untersuchen die Forscherinnen und Forscher unter anderem den Einfluss des Verbrennens von Biomasse auf das Klima
Auf den Transferflügen zwischen Europa und Südamerika untersuchen die Forscherinnen und Forscher unter anderem den Einfluss des Verbrennens von Biomasse auf das Klima (Foto: Sinnhuber/KIT)
 

Die wichtigsten atmosphärischen Voraussetzungen für die Bildung des Ozonlochs über der Antarktis sind tiefe Temperaturen und ein verminderter Austausch von Luftmassen mit mittleren Breiten. Letzteres wird durch einen stabilen Luftwirbel, den antarktischen polaren Vortex, gewährleistet, der allerdings durch starke Wellenaktivität abgebremst werden kann. „Wir untersuchen in dieser Region erstmalig, die Anregung und Ausbreitung von Schwerewellen bis in die mittlere Atmosphäre in 85 Kilometern Höhe, die unter anderem durch die Überströmung der Anden und der antarktischen Halbinsel ausgelöst werden und den polaren Vortex abbremsen“, sagt Professor Markus Rapp vom DLR, der die Teilaspekte des Projektes zur Dynamik koordiniert. Dieser Effekt wird von Klima- und Wettermodellen bisher nur sehr unzureichend berücksichtigt.

 

Bei den Messflügen werden innovative Fernerkundungsmethoden mit hochgenauen lokalen Messungen am Flugzeug kombiniert und mit Satellitendaten verglichen. „Um die Flüge optimal an die meteorologische Situation anzupassen, sind auch Atmosphärenmodellierer vor Ort und nutzen Vorhersagen des Jülicher Atmosphärenmodells CLaMS“, so Professor Martin Riese, Direktor des Jülicher Instituts für Stratosphärenforschung und einer der Koordinatoren von SouthTRAC. Die HALO-Messungen werden von Messungen am Boden (z. B. Lidar, Radar, Radiosonden) und von Messungen an Bord eines von der Stadt El Calafate aus operierenden Segelflugzeugs begleitet. Meteorologische und chemische Vorhersagemodelle liefern Informationen über das lokale Wetter sowie die atmosphärische Zirkulation und Spurengasverteilung, die für eine präzise Flugplanung erforderlich sind.

 

Die Karlsruher Klimaforscherinnen und -forscher befassen sich vor allem mit chemischen Prozessen: Sie untersuchen, wie sich das antarktische Ozonloch und die Verbrennung von Biomasse, wie aktuell in den Waldbränden im Amazonasgebiet, auf die Zusammensetzung der oberen Troposphäre und unteren Stratosphäre auswirken. Hierfür betreiben sie drei der insgesamt 13 Instrumente auf dem Forschungsflugzeug HALO (steht für High Altitude and Long Range Research Aircraft). Ein zentrales Instrument ist das Infrarotspektrometer GLORIA, das Wissenschaftler und Ingenieure von KIT und FZJ gemeinsam entwickelt und gebaut haben. Das Instrument erlaubt erstmals eine dreidimensionale tomographische Vermessung von Temperatur, Wolkenparametern und einer Vielzahl von Spurengasen in der Atmosphäre. Es stellt quasi die Kombination einer räumlich hochauflösenden Kamera mit einem Infrarotspektrometer dar, das die Wärmestrahlung der Atmosphäre analysiert und verschiedene Spurengase anhand ihres spektralen „Fingerabdrucks“ identifiziert. Neben GLORIA und dem hochgenauen Ozoninstrument FAIRO wird erstmals auch die neu entwickelte KITsonde im Einsatz sein: Einzelne Sensoren werden aus bis zu 13 Kilometer Flughöhe abgeworfen und erfassen dabei Temperatur und Feuchtigkeit der Atmosphäre.

 

Erstmals kommt auch die neu entwickelte KITsonde zum Einsatz: Einzelne Sensoren werden aus bis zu 13 Kilometer Flughöhe abgeworfen und erfassen dabei Temperatur und Feuchtigkeit der Atmosphäre (Foto: DLR)

Erstmals kommt auch die neu entwickelte KITsonde zum Einsatz: Einzelne Sensoren werden aus bis zu 13 Kilometer Flughöhe abgeworfen und erfassen dabei Temperatur und Feuchtigkeit der Atmosphäre (Foto: DLR)

 

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler berichten in dem Helmholtz-Blog „Expeditionen“ aktuell von der SouthTRAC Kampagne: blogs.helmholtz.de/on-tour/category/southtrac

 

Über HALO

Das Forschungsflugzeug HALO ist eine Gemeinschaftsinitiative deutscher Umwelt- und Klimaforschungseinrichtungen. Gefördert wird HALO durch Zuwendungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Helmholtz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), der Leibniz-Gemeinschaft, des Freistaates Bayern, des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), des Forschungszentrums Jülich (FZJ) und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

 

Details zum KIT-Zentrum Klima und Umwelt: http://www.klima-umwelt.kit.edu

 

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 300 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

swe, 11.09.2019
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