Presseinformation 096/2019

Antarktis: Neutrino-Experiment IceCube wächst

Observatorium am Südpol wird mit deutscher Beteiligung ausgebaut, um die Eigenschaften der Neutrinos besser zu verstehen
Polarlicht über dem Südpol. Das IceCube-Labor ist als roter Punkt zu erkennen, das Neutrino-Experiment selbst ist kilometertief ins Eis eingelassen. (Foto: Kathrin Mallot, IceCube, NSF)
Polarlicht über dem Südpol. Das IceCube-Labor ist als roter Punkt zu erkennen, das Neutrino-Experiment selbst ist kilometertief ins Eis eingelassen. (Foto: Kathrin Mallot, IceCube, NSF)

Das IceCube Neutrino Observatorium, das Teil der US-amerikanischen Amundsen-Scott-Südpolstation ist, hat 2017 überzeugende Hinweise auf eine erste Quelle hochenergetischer kosmischer Neutrinos gefunden. Nun wird das Observatorium mit deutscher Beteiligung weiter ausgebaut. Der IceCube-Detektor wird zu niedrigeren Energien hin erweitert, um damit die Eigenschaften von Neutrinos mit bisher unerreichter Genauigkeit zu vermessen und so grundlegende Prozesse im Universum, etwa die Physik in Galaxienkernen, besser zu verstehen. Dafür werden international rund 37 Millionen US-Dollar bereitgestellt. An der Erweiterung von IceCube beteiligt sich auch das Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

 

Mit IceCube werden in einem Eisvolumen von einem Kubikkilometer hochenergetische Neutrinos gemessen. Da Neutrinos selbst keine Signale abgeben, vermisst man sehr genau die Bahn der Myonen, also der Elementarteilchen, die manchmal durch die Wechselwirkung der Neutrinos mit dem Eis entstehen. Da Myonen im Gegensatz zum Neutrino elektrisch geladen sind, erzeugen sie auf ihrem Weg durch das Eis einen charakteristischen Lichtkegel, die sogenannte Tscherenkow-Strahlung. Hochempfindliche Detektoren messen diese blaue Strahlung. Derzeit gibt es 5 160 solcher Detektoren, die an 86 Kabelsträngen 1 500 bis 2 500 Meter tief in das Eis eingelassen sind.

 

Prototyp eines der neuen Detektoren zur Messung der Tscherenkow-Strahlung im IceCube-Upgrade-Experiment. (Quelle: DESY, IceCube Collaboration)
Prototyp eines der neuen Detektoren zur Messung der Tscherenkow-Strahlung im IceCube-Upgrade-Experiment. (Quelle: DESY, IceCube Collaboration)

 

„Im Rahmen des IceCube Upgrade-Projekts werden jetzt sieben zusätzliche Kabelstränge im tiefen Eis im Zentrum der bestehenden Stränge installiert. Sie sind mit 700 verbesserten Detektoren bestückt“, erläutert Dr. Andreas Haungs, Leiter der IceCube-Gruppe am KIT. „Das Eis im und um den Detektor ist außergewöhnlich transparent, ideal zum Studium der Eigenschaften sehr schneller, also relativistischer Teilchen.“

 

Die USA fördern das 37 Millionen US-Dollar teure IceCube-Upgrade-Projekt, das im antarktischen Sommer 2022/23 installiert werden wird, nun mit 23 Millionen Dollar durch einen „NSF Mid-scale Research Award”. Der geplante IceCube-Upgrade-Detektor wird aus zwei verschiedenen Typen von optischen Modulen bestehen, um die beiden Technologien für die zukünftige etwa zehnfach größere Erweiterung von IceCube – IceCube-Gen2 – zu testen. Einer der neuen optischen Sensoren, das multi-Pixel Digital Optical Module (mDOM), wurde in Deutschland von Forschungsgruppen an den Universitäten Erlangen-Nürnberg und Münster sowie vom Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY federführend entwickelt. Das DESY und das KIT sind als Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft mit insgesamt 5,7 Millionen Euro am Bau von 430 mDOMs beteiligt. Gegenüber den bisherigen Modulen besticht das mDOM durch seine deutlich größere sowie segmentierte Detektionsfläche, womit eine signifikant höhere Sensitivität erreicht wird.

 

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert in der Verbundforschung die Zusammenarbeit zwischen Großforschungsinstituten wie und Universitäten beim Projekt IceCube, etwa die Entwicklung von optischen und akustischen Geräten zur präzisen Eichung des Detektors, Simulations- und Kalibrierungssmethoden sowie die Entwicklung von neuartigen Sensorkonzepten für IceCube-Gen2. „IceCube in seinen kommenden Ausbaustufen wird zusammen mit der Messung anderer Signale aus den Tiefen des Universums – wie der kosmischen Strahlung, den hochenergetischen Gamma-Quanten oder den Gravitationswellen – entscheidend dazu beitragen, die Rätsel um die Physik der höchstenergetischsten Prozesse in unserem Universum zu lösen“, schaut Andreas Haungs erwartungsvoll in die Zukunft. 

 

Das IceCube-Neutrino-Observatorium befindet sich an der Amundsen-Scott-Südpolstation, direkt am geografischen Südpol. Das Wissenschaftsprogramm wird von der internationalen IceCube-Kollaboration mit mehr als 300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 52 Instituten in zwölf Ländern durchgeführt. Nach den USA ist Deutschland der wichtigste Partner bei IceCube. Hier sind die Helmholtz-Zentren Deutsches Elektronen Synchrotron DESY und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sowie die Universitäten Aachen, Berlin (Humboldt-Universität), Bochum, Dortmund, Erlangen-Nürnberg, Mainz, München (Technische Universität), Münster und Wuppertal beteiligt.

 

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

jh, 16.07.2019
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