Presseinformation 060/2019

Granulares Aluminium für die Computer der Zukunft

Forscherinnen und Forscher des KIT setzen neues supraleitendes Material für Quantenschaltungen ein – Publikation in Nature Materials
Das Fluxonium-Qubit mit granularem Aluminium kann sich bis zu 30 Mikrosekunden in einem Zustand zwischen „0“ und „1“ befinden. (Abbildung: Dr. Ioan Pop, KIT)
Das Fluxonium-Qubit mit granularem Aluminium kann sich bis zu 30 Mikrosekunden in einem Zustand zwischen „0“ und „1“ befinden. (Abbildung: Dr. Ioan Pop, KIT)

Auf quantenmechanischen Prinzipien basierende Computer können bestimmte Aufgaben besonders effizient lösen. Ihre Informationsträger – die Qubits – verfügen nicht nur über die Werte „0“ und „1“, sondern auch über Zustände dazwischen. Einen solchen Zustand aufrechtzuerhalten, ist allerdings schwierig. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben nun granulares Aluminium, kurz grAl, für Quantenschaltungen eingesetzt und gezeigt, dass dieses supraleitende Material großes Potenzial besitzt, die bisherigen Grenzen der Quantencomputer zu überwinden. Die Forscher berichten in der Zeitschrift Nature Materials. (DOI: 10.1038/s41563-019-0350-3)

 

Quantencomputer gelten als die Rechner der Zukunft. Sie können große Datenmengen unter bestimmten Voraussetzungen schneller verarbeiten als ihre klassischen Pendants. Während klassische Computer einen Rechenschritt nach dem anderen ausführen, nehmen Quantencomputer viele Rechenschritte parallel vor. Informationsträger des Quantencomputers ist das Quantenbit, kurz Qubit. Bei Qubits gibt es nicht nur die Informationen „0“ und „1“, sondern auch Werte dazwischen, die über die quantenmechanische Überlagerung von Zuständen realisiert werden, das ist das sogenannte Superpositionsprinzip. Ihre Verarbeitung geschieht nach quantenmechanischen Prinzipien wie beispielsweise der Verschränkung, die selbst für räumlich weit voneinander getrennte Teilchen eine Wechselbeziehung ohne zeitliche Verzögerung ermöglicht.

 

„Die Herstellung von Qubits, die klein genug sind und sich schnell genug schalten lassen, um Quantenkalkulationen auszuführen, stellt eine enorme Herausforderung dar“, erklärt der Physiker Dr. Ioan Pop, Leiter der Forschungsgruppe Kinetic Inductance Quantum Systems am Physikalischen Institut (PHI) und am Institut für Nanotechnologie (INT) des KIT. Als vielversprechende Option gelten supraleitende Schaltungen. Supraleiter sind Materialien, die bei extrem niedrigen Temperaturen keinen elektrischen Widerstand aufweisen und daher elektrischen Strom verlustfrei leiten. Dies ist entscheidend, um den Quantenzustand der Qubits zu erhalten und sie effizient miteinander zu verbinden. So arbeiten große Unternehmen wie IBM, Intel, Microsoft und Google bereits daran, supraleitende Quantenprozessoren hochzuskalieren.

 

Eine wesentliche Schwierigkeit besteht allerdings darin, den Quantenzustand aufrechtzuerhalten. Wechselwirkungen mit der Umgebung können zum Zerfall des Quantenzustands führen, der sogenannten Dekohärenz. Je mehr Qubits verwendet werden, desto schwieriger ist es, die Kohärenz zu bewahren. Forscherinnen und Forscher am PHI, am INT und am Institut für Prozessdatenverarbeitung und Elektronik (IPE) des KIT sowie an der Nationalen Universität für Forschung und Technologie MISIS in Moskau haben nun erstmals granulares Aluminium als supraleitendes Material für Quantenschaltungen mit hoher Kohärenz eingesetzt. Wie das Team in der Zeitschrift Nature Materials berichtet, hat es ein sogenanntes Fluxonium-Qubit mit granularem Aluminium hergestellt, mit einer Kohärenzzeit von bis zu 30 Mikrosekunden – das ist die Zeit, in der sich ein Qubit in einem Zustand zwischen „0“ und „1“ befinden kann. Obwohl die gemessene Zeit sehr kurz erscheint, können innerhalb dieser Zeitspanne mehr als tausend logische Operationen durchgeführt werden. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass granulares Aluminium eine neue Klasse von komplexen Qubit-Designs erschließen und dazu beitragen kann, die derzeitigen Grenzen der Quanteninformationsverarbeitung zu überwinden“, erklärt Ioan Pop.

 

Originalpublikation:

Lukas Grünhaupt, Martin Spiecker, Daria Gusenkova, Nataliya Maleeva, Sebastian T. Skacel, Ivan Takmakov, Francesco Valenti, Patrick Winkel, Hannes Rotzinger, Wolfgang Wernsdorfer, Alexey V. Ustinov and Ioan M. Pop: Granular aluminium as a superconducting material for high-impedance quantum circuits. Nature Materials, 2019. DOI: 10.1038/s41563-019-0350-3

 

Abstract unter https://www.nature.com/articles/s41563-019-0350-3

 

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 300 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

or, 02.05.2019
Kontakt:

 

Monika Landgraf
Chief Communication Officer
Leiterin Gesamtkommunikation
Pressesprecherin
Tel: +49 721 608-41150
Fax: +49 721 608-43658
presse does-not-exist.kit edu

Kontakt für diese Presseinformation:

Dr. Sabine Fodi
Pressereferentin
Tel.: +49 721 608-41154
sabine fodi does-not-exist.kit edu
Das Foto kann in der höchsten uns vorliegenden Qualität angefordert werden unter:
presse does-not-exist.kit edu oder +49 721 608-41105.

Die Presseinformation steht auch als PDF-Datei zur Verfügung.