Presseinformation 152/2015

Ozon und Klima: Mit dem Forschungsflugzeug HALO zum Nordpol

Vom KIT koordinierte Messkampagne untersucht Einfluss des Klimawandels auf die arktische Ozonschicht und Prozesse in der darunter liegenden Tropopausenregion
Ziel der Messkampagne mit dem Forschungsflugzeug HALO ist die arktische Tropopausenregion (Foto: Andreas Minikin, DLR)
Ziel der Messkampagne mit dem Forschungsflugzeug HALO ist die arktische Tropopausenregion (Foto: Andreas Minikin, DLR)

Die Belastung der Erdatmosphäre durch ozonzerstörende Substanzen wie Chlor oder Brom aus Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) hat sich dank des Montrealer Abkommens zum Schutz der Ozonschicht in den vergangenen Jahren verringert. Ozon wird jedoch nicht nur von diesen Substanzen beeinflusst, sondern ist auch selbst ein Treibhausgas: Seine Wirkung auf das bodennahe Klima ist in der Tropopausenregion – der Übergangszone zwischen Stratosphäre und Troposphäre in circa sieben bis 17 Kilometern Höhe – am größten. Die dort ablaufenden komplexen Prozesse sind Gegenstand einer umfangreichen Messkampagne mit dem deutschen Forschungsflugzeug HALO, die Klimaforscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) koordinieren und im Verbund mit mehreren Partnern durchführen.

 

„Bisher ist die Tropopausenregion über der Arktis noch wenig untersucht. Für die nun startende Messkampagne wurde das Forschungsflugzeug HALO mit einer gezielten Kombination speziell entwickelter Sensoren ausgerüstet. Unter anderem wollen wir so die Prozesse, die Ozon und andere klimawirksame Spurengase in der arktischen Tropopausenregion im Winter beeinflussen besser verstehen“, so  Hermann Oelhaf vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung des KIT, der die Kampagne zusammen mit seinem Kollegen Dr. Björn-Martin Sinnhuber koordiniert.

 


Das “High Altitude and Long Range Research Aircraft”, kurz HALO, am Hangar in Oberpfaffenhofen.(Foto: Andreas Minikin, DLR)

 

„Wir wissen, dass der Klimawandel aufgrund der Zunahme von CO2 und anderen Treibhausgasen in der Atmosphäre die Ozonschicht stark beeinflussen wird. Aber gerade im arktischen Winter sind die Prozesse durch das Wechselspiel von atmosphärischer Zirkulation und Chemie komplex, und wir verstehen einige der Mechanismen noch nicht ausreichend genug, um verlässliche Prognosen für die  Zukunft abgeben zu können,“ so Björn-Martin Sinnhuber. Während etwa am Erdboden die Zunahme an Treibhausgasen zu einer globalen Erwärmung führe, bewirke sie in der Stratosphäre eine Abkühlung.

 

Im Gegensatz zum Südpol, wo sich jedes Jahr im Frühjahr der Südhemisphäre ein Ozonloch bildet, wurden über der Arktis nur in wenigen, besonders kalten Wintern extreme Ozonzerstörungen beobachtet, die dem antarktischen Ozonloch vergleichbar sind. „Ob aber tatsächlich durch den Klimawandel häufiger kalte Winter in der arktischen Stratosphäre auftreten werden oder ob Änderungen in der atmosphärischen Zirkulation eher zu einer Erwärmung der arktischen Stratosphäre führen werden, ist noch eine offene Frage“, sagt Sinnhuber.

 


Über sieben Einlässe, die wie Igelstacheln aus dem Flugzeugrumpf herausragen, wird Atmosphärenluft angesaugt und zur chemischen Analyse in die in-situ Geräte an Bord geleitet. (Foto: Hermann Oelhaf, KIT)

 

Besonderes Augenmerk richten die Forscher während der Kampagne auf Prozesse, die Ozon, Wasserdampf und andere Spurengase im Bereich der Tropopause kontrollieren, also im Übergangsbereich zwischen der Troposphäre und der Stratosphäre. Die Tropopause liegt je nach Jahreszeit und geografischer Breite zwischen sieben und siebzehn Kilometern Höhe, in polaren Breiten in etwa sieben bis zwölf Kilometern Höhe. „Von entscheidender Bedeutung für die Verteilung klimawirksamer Spurengase in der Tropopausenregion sind die Transportwege, über welche die arktischen Luftmassen in die mittleren Breiten gelangen und umgekehrt, sowie Austauschprozesse zwischen Stratosphäre und Troposphäre“, erläutert Hermann Oelhaf. Mit einer Flughöhe bis 15 Kilometer und einer Reichweite von mehr als 8.000 Kilometern ist HALO (High Altitude and Long Range Research Aircraft) für solche Studien besonders geeignet.

 


HALO beim Betanken vor dem POLSTRACC Erstflug (Foto: Hermann Oelhaf, KIT)

 

Ein wichtiges Messgerät an Bord von HALO ist das Infrarotspektrometer GLORIA, das Wissenschaftler und Ingenieure des KIT und des Forschungszentrums Jülich gemeinsam entwickelt und gebaut haben. „Mit GLORIA können wir Temperatur, Wolkenparameter und eine Vielzahl von Spurengasen in der Atmosphäre beobachten“, so Hermann Oelhaf. Das Infrarotspektrometer analysiert die Wärmestrahlung der Atmosphäre und identifiziert verschiedene Spurengase anhand ihrer spektralen Signatur, einer Art „Fingerabdruck“ der Moleküle. Da dabei die Abstrahlung der Atmosphäre selbst gemessen wird, funktioniert das Verfahren auch während der Polarnacht. GLORIA kombiniert Spektrometer und Infrarotkamera und kann auf diese Weise zweidimensionale Spurengasverteilungen – man kann sich dies als fein gewebte Vorhänge entlang des Flugpfades vorstellen – viel detaillierter beobachten als bisher. „Dies ermöglicht uns neue Einblicke in vertikale und horizontale Transportprozesse, ebenso in die Wechselwirkung zwischen hohen dünnen Cirrus-Wolken und Spurengasen wie Wasserdampf in der Tropopausenregion, beides kritische Größen im Klimasystem“, erläutert Oelhaf.

 

Etwa 70 Wissenschaftler, Ingenieure, Techniker, Piloten, und Logistiker werden im Hangar „Arena Arctica“ im schwedischen Kiruna am Polarkreis vor Ort sein. Partner im Projekt „POLSTRACC – The Polar Stratosphere in a Changing Climate“ (dt. Die polare Stratosphäre im Klimawandel) sind neben dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) das Forschungszentrum Jülich (FZJ), das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), die Universitäten Heidelberg, Frankfurt, Mainz und Wuppertal, sowie die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB). Derzeit finden erste Testflüge von der DLR-Basis Oberpfaffenhofen bei München statt. Zwischen Januar und März 2016 dient dann die „Arena Arctica“ als Basis für zehn bis 15 Forschungsflüge über das Eismeer in Richtung Grönland und Nordpol.

 

Über HALO

Das Forschungsflugzeug HALO ist eine Gemeinschaftsinitiative deutscher Umwelt- und Klimaforschungseinrichtungen. Gefördert wird HALO durch Zuwendungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Helmholtz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), der Leibniz-Gemeinschaft, des Freistaates Bayern, des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ, des Forschungszentrums Jülich und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

 

Digitale Pressemappe des KIT zum UN-Klimagipfel in Paris

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) erforschen den Klimawandel und seine Folgen sowie Anpassungsstrategien. Sie entwickeln innovative Messverfahren und neue Technologien, die auch die Energiewende vorantreiben und es ermöglichen, den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) zu reduzieren oder sogar ganz auf fossile Energieträger zu verzichten, die mehr als die Hälfte der globalen CO2-Emissionen verursachen.

Zur Pressemappe: www.pkm.kit.edu/un-klimakonferenz2015.php

 

Details zum KIT-Zentrum Klima und Umwelt: http://www.klima-umwelt.kit.edu

 

 

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

le, 10.12.2015
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