Presseinformation 086/2015

Durch den Monsun: Flugzeugmission zu Auswirkungen auf Luftqualität und Klimawandel

Selbstreinigungskraft der Atmosphäre im Fokus der 30-tägigen Flugzeugmission in Asien
100.000 Kilometer soll das Forschungsflugzeug HALO bei der aktuellen Kampagne zurücklegen. An Bord sind auch zwei Messinstrumente des KIT  (Foto: Marco Neumaier, KIT)
100.000 Kilometer soll das Forschungsflugzeug HALO bei der aktuellen Kampagne zurücklegen. An Bord sind auch zwei Messinstrumente des KIT (Foto: Marco Neumaier, KIT)

Mit dem Flugzeug von Zypern auf die Malediven und zurück. Was nach einer Urlaubsreise klingt, ist für 65 Atmosphärenforscher aus ganz Deutschland anspruchsvolle Arbeit: Bei einer Forschungsmission mit dem Flugzeug HALO des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt untersuchen sie derzeit, ob und wie sich die Monsun-Regenfälle in Asien auf die Selbstreinigungskraft der Atmosphäre auswirken. Mit an Bord sind auch zwei Messgeräte des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT): Die Karlsruher Klimaforscher messen dabei unter anderem die Konzentrationen von Ozon und Aceton. Das Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz koordiniert die Kampagne.

 

„Die Erdatmosphäre kann sich von Treibhausgasen oder Abgasen aus dem Verkehr selbst reinigen. Dabei wandeln Hydroxyl-Radikale – das sind besonders reaktionsfreudige Moleküle –, diese Schadstoffe in wasserlösliche Verbindungen um, die dann abregnen können. Die Radikale dienen sozusagen als ‚Waschmittel‘ der Atmosphäre“, sagen Andreas Zahn und Marco Neumaier vom KIT. Da jedoch besonders in Asien die Luftverschmutzung drastisch ansteigt, vermuten die Wissenschaftler, dass dies die atmosphärische Selbstreinigungskraft und somit die Luftqualität auf der ganzen Welt und den Klimawandel beeinflusst. Der Monsun ist das weltweit größte Wettersystem, die gigantische Luftströmung entwickelt sich besonders stark über Asien und wirbelt Schadstoffe bis zu 15 Kilometer hoch. Ziel der Kampagne ist ein besseres Verständnis der Transportprozesse und der chemischen Reaktionen in diesen Luftmassen. Insgesamt sind zurzeit zwölf Messgeräte an Bord von HALO.

 

Für die 30-tägige Kampagne haben die Klimaforscher des KIT zwei besonders leichte und empfindliche Instrumente entwickelt. Eins davon wird die Konzentration von atmosphärischem Ozon analysieren – mit einer hohen zeitlichen Auflösung von zehn Messungen pro Sekunde. „Die Konzentration von Ozon ein wichtiger Indikator dafür, wie reaktionsfreudig die Luft ist. Zudem liefern uns die Ozonmesswerte in der oberen Atmosphäre wichtige Informationen über die Lage der Tropopause – das ist die Grenzschicht zwischen der Troposphäre, in der sich das Wetter abspielt, und der darüber liegenden, ozonreichen Stratosphäre“, sagt Dr. Andreas Zahn vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK) des KIT.

 

An Bord von HALO: Im Hintergrund rechts das Rack mit den Messgeräten des KIT, oben das Ozongerät, darunter das Massenspektrometer. (Foto: Dr. Felix Geiger)

An Bord von HALO: Im Hintergrund rechts das Rack mit den Messgeräten des KIT, oben das Ozongerät, darunter das Massenspektrometer. (Foto: Dr. Felix Geiger)

 

Außerdem haben die Forscher des KIT ein Protonen-Transfer-Reaktions-Massenspektrometer an Bord von HALO: ein hochempfindliches Messinstrument, das während des Fluges in Echtzeit kleinste Spuren flüchtiger organischer Verbindungen erfasst – Spuren, von weniger als 0,1 Millionstel Gramm pro Kubikmeter Luft. Beispiele für solche Verbindungen sind Aceton, Acetonitril und Methanol. Die Wissenschaftler des KIT haben kürzlich in einer Studie bestätigt, dass gerade Aceton eine wichtige Quelle für Hydroxylradikale ist. „Aceton wird insbesondere im Sommer von Pflanzen direkt ausgestoßen sowie durch chemische Reaktionen in der Atmosphäre aus von Menschen verursachten Kohlenwasserstoffen gebildet“, erläutert Dr. Marco Neumaier vom IMK. Das Spurengas Acetonitril werde etwa bei der Verbrennung von Biomasse, also etwa bei Waldbränden und -rodung, freigesetzt. „Mit der Messung können wir genau den Anteil der Luftschadstoffe aus der Verbrennung ermitteln und Rückschlüsse auf die Transportwege von Luftmassen vom Boden in größere Höhen ableiten“, so Neumaier.

 

Die Mission OMO (kurz für Oxidation Mechanism Observations, „Beobachtung von Mechanismen der Oxidation“) hat das Max-Planck-Institut für Chemie gemeinsam mit dem Forschungszentrum Jülich, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, dem Karlsruher Institut für Technologie und den Universitäten Bremen, Heidelberg, Leipzig und Wuppertal entwickelt.

 

Start von OMO war am 21. Juli. Zunächst stehen Analysen über der arabischen Halbinsel und dem arabischen Meer auf dem Programm. Dann wechseln Flugzeug, Crew und Team auf die Malediven, um von dort aus die Atmosphäre über dem indischen Ozean und dem Golf von Bengalen zu analysieren. Anschließend geht es nochmals zwei Wochen nach Zypern bevor Forscher und Jet Ende August wieder nach Deutschland zurückkehren werden. Nach der Messkampagne wird das Forschungsflugzeug vom Typ Gulfstream G 550, das eine Reichweite von rund 8.000 Kilometern und eine Gipfelhöhe von über 15 Kilometern besitzt, etwa 120 Stunden Flugzeit absolviert und dabei insgesamt 100.000 Kilometer zurückgelegt haben.

 

Details zum KIT-Zentraum Klima und Umwelt: http://www.klima-umwelt.kit.edu

 

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

le, 29.07.2015
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