Presseinformation 168/2011

Unterirdische Wasserspeicher für das Jordantal

Projekt SMART israelischer, palästinensischer, jordanischer und deutscher Forscher
Die Jordanquelle ist noch reich an Wasser, während im unteren Jordantal Wassermangel herrscht (Foto: Nico Goldscheider).
Die Jordanquelle ist noch reich an Wasser, während im unteren Jordantal Wasser-mangel herrscht (Foto: Nico Goldscheider).

Die Wasserknappheit im unteren Jordantal ist extrem, und die politischen Gräben zwischen den Anrainerstaaten sind tief. Um die in der Region lebenden Menschen dennoch mit ausreichend sauberem Wasser zu versorgen, arbeiten israelische, jordanische, palästinensische und deutsche Forscher unter Federführung des KIT zusammen. Das Projekt SMART (Sustainable Management of Available Water Resources with Innovative Technologies) hat technische Lösungen ebenso im Blick wie ökologische und sozioökonomische Fragen.

Das Einzugsgebiet des unteren Jordan zwischen dem See Genezareth und dem Toten Meer ist von einem sehr trockenen Klima geprägt. Die Verdunstung übersteigt die Niederschlagsmenge um ein Vielfaches. Das internationale Team aus Experten verschiedener Disziplinen entwickelt ein Konzept für ein integriertes Wasserressourcen-Management (IWRM), das alle verfügbaren Wasservorkommen einbezieht. Neben dem Grundwasser gehören aufbereitetes Abwasser, entsalztes Brackwasser und Flutwässer dazu, die nach starken Regenfällen im Winter über die Wadis zum Jordan und letztlich ins Tote Meer abfließen. Akademische Partner des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanzierten Projekts sind unter anderem die Ben Gurion Universität des Negev, die Universität Tel Aviv, die palästinensische Al-Quds-Universität und die Jordanische Universität in Amman. An der Kooperation beteiligt sind außerdem Ministerien, Wasserversorgungsunternehmen und Behörden sowie lokale Entscheidungsträger.

Einer von fünf deutschen und drei jordanischen jungen Wissenschaftlern, die am KIT im Zuge von SMART ihre Dissertation schreiben, ist der Diplom-Geoökologe Moritz Zemann. Schon seine Diplomarbeit am KIT-Institut für Angewandte Geowissenschaften beschäftigte sich mit der Möglichkeit, die nach seltenen aber manchmal heftigen Niederschlägen entstehenden Flutwässer im geologischen Untergrund zu speichern. Diese „künstliche Grundwasserneubildung“ in natürlichen Speicherräumen schützt das Wasser vor Verdunstung. Die Wissenschaftler nutzen ihr geologisches und hydrologisches Wissen, um geeignete natürliche Speicher in Sedimenten und Gesteinen zu erkunden und technische Lösungen für das Einbringen des Wassers in den Untergrund zu entwickeln. Mit der Frage, wie die Qualität des Grundwassers zu bewerten und zu schützen ist, beschäftigt sich Zemann in seiner Doktorarbeit. „Der Wille zur Zusammenarbeit ist groß, das Projekt trägt dazu bei, gegenseitige Vorurteile abzubauen“, sagt er. Insgesamt sind 20 Doktoranden in das Projekt einbezogen, das auf deutscher Seite von der Universität Göttingen und dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Halle mitgetragen wird. Neben der ingenieurwissenschaftlichen Kompetenz geht es auch darum, welche Technik gesellschaftspolitisch umsetzbar und bezahlbar ist.
     
Das 2006 gestartete Projekt befindet sich derzeit in seiner zweiten Phase, in der begonnen wird, die Forschungserkenntnisse praktisch umzusetzen. Am KIT sind außer dem federführenden Lehrstuhl für Hydrogeologie von Professor Nico Goldscheider weitere Institute und Wissenschaftler an SMART beteiligt. So befasst sich der Lehrstuhl für Wasserchemie am Engler-Bunte-Institut (EBI) mit der Entsalzung von Brackwasser. „Dieses brackische Quell- oder Grundwasser ist weniger salzig als Meerwasser und lässt sich daher mit geringerem Energieaufwand entsalzen; außerdem findet man es auch tief im Landesinneren“, sagt Goldscheider. So muss das aufbereitete Wasser nicht aus der Küstenregion transportiert werden, sondern kann dezentral zum Trinken und für die Landwirtschaft bereit gestellt werden.

Der dramatische Wassermangel im unteren Jordantal hängt unter anderem mit der Bevölkerungsentwicklung zusammen. „In Jordanien ist die Bevölkerung von etwa 500.000 Menschen im Jahr 1952 auf heute sechs Millionen angewachsen, das bedeutet zehnmal mehr Menschen brauchen Trinkwasser“, erläutert Goldscheider. Das SMART Projekt habe bislang „alle Krisen überstanden, selbst in Zeiten großer politischer Spannungen“, sagt der KIT-Professor. „Auf beiden Seiten gibt es wahrscheinlich eine schweigende friedliebende Mehrheit“, vermutet Goldscheider, „und offenbar finden sich besonders viele dieser Vernünftigen unter Wissenschaftlern und Forschern“.

 

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 300 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

afr, 14.11.2011
Kontakt:

 

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