Presseinformation 110/2023

Neue Studie erforscht langanhaltende Auswirkungen der Pandemie auf die Gesundheit Heranwachsender

Physische und psychische Gesundheit von 4- bis 17-Jährigen im Fokus der über drei Jahre laufenden Untersuchung
Die ganzheitliche Untersuchung der physischen und psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland ist Ziel der Studie COMO. (Foto: Markus Breig, KIT)
Die ganzheitliche Untersuchung der physischen und psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland ist Ziel der Studie COMO. (Foto: Markus Breig, KIT)

Seltener sportlich aktiv, mehr Zeit vor dem Bildschirm, höhere psychische Belastungen und eine schlechtere körperliche Fitness: Diese alarmierenden Ergebnisse zeigten verschiedene Studien für Kinder und Jugendliche während der Covid-19-Pandemie. Ob diese negativen Effekte auch weiterhin anhalten, untersucht nun ein Verbund unter der Leitung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) in der neuen COMO-Studie. Ziel ist die ganzheitliche Untersuchung der physischen und psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Neu ist dabei auch die vollständig digitale Datenerhebung. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Vorhaben mit rund 1,8 Millionen Euro.

Die Studie ist ein Verbundprojekt des KIT, des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe, der Universität Konstanz und der Universität Bochum. „Bereits vor der Covid-19-Pandemie haben sich viele Kinder und Jugendliche weniger bewegt als von der Weltgesundheitsorganisation empfohlen. Während des zweiten Lockdowns und in Folge ging die Aktivität dann noch weiter zurück, die Nutzung von Bildschirmmedien in der Freizeit nahm zu“, so Professor Alexander Woll vom Institut für Sport und Sportwissenschaft (IfSS) des KIT, der die COMO-Studie leitet. „Wir nehmen an, dass die Pandemie in dieser Hinsicht nicht beendet ist, sondern auch weiterhin Folgen in der Gesellschaft hat“, erläutert Dr. Claudia Niessner, Nachwuchsgruppenleiterin am IfSS, die den Forschungsverbund gemeinsam mit Woll initiiert hat und leitet. Ziel der COMO-Studie ist es daher, die langfristigen Auswirkungen der Pandemie auf Kinder und Jugendliche zu verstehen sowie geeignete Maßnahmen abzuleiten, die diese in ihrer Gesundheit und Entwicklung unterstützen. Erste Ergebnisse werden im Frühsommer 2024 erwartet.

Die Forschenden knüpfen dabei unter anderem an Ergebnisse der Motorik-Modul-Studie (MoMo) an, ein seit 2003 laufendes Verbundprojekt vom KIT und der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe. Die MoMo-Studie analysierte als einzige deutsche repräsentative Längsschnittstudie die Folgen der Covid-19-Pandemie für die körperlich-sportliche Aktivität und die motorische Leistungsfähigkeit. Ebenso baut das COMO-Team auf die Erkenntnisse der COPSY-Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) auf. „Wir sehen, dass sich die Lebensqualität und die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im Vergleich zum Zeitraum vor der Pandemie deutlich verschlechtert haben“, sagt Professorin Ulrike Ravens-Sieberer, Leiterin der COPSY-Studie und Forschungsdirektorin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik des UKE. Das Akronym „COMO“ setzt sich aus den Akronymen der beiden vorherigen Studien „COPSY“ und „MoMo“ zusammen.

Befragungen und Tests erstmals im digitalen Raum – zeitnahe Datenbasis für politische Entscheidungen

Die COMO-Studie wird damit nicht nur aktuelle gesundheitsrelevante Daten liefern, sondern dabei auch die Digitalisierung in der Kindergesundheitsforschung vorantreiben: Sowohl Befragungen als auch motorische Tests finden erstmals vollständig im digitalen Raum statt. So lassen sich Daten zeitnah für politische Entscheidungen bereitstellen. Die Datenerhebung in der COMO-Studie erfolgt durch Onlinebefragungen von Kindern und Jugendlichen im Alter von 4 bis 17 Jahren sowie deren Eltern. Hinzu kommen spezielle digitale Fitnesstests unter der Leitung von V.-Professorin Anke Hanssen-Doose von der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe, die per Videomeeting durchgeführt werden. Die in COMO gesammelten Daten werden dann mit den Ergebnissen der Studien COPSY und MoMo verglichen, um ein umfassendes Bild zu erhalten. Am KIT fügt sich die Forschung auch in das KIT-Zentrum Gesundheitstechnologien (KIT HealthTech) ein, in dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vieler Disziplinen an zukunftsweisenden Technologien für das Gesundheitswesen arbeiten.

COMO verbindet Sportwissenschaft, psychosoziale Medizin und empirische Sozialforschung

Um ein ganzheitliches Bild der physischen und psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland zu erhalten, bringen die Partner ihren jeweiligen Forschungsschwerpunkt in das Verbundprojekt ein: Das KIT (Prof. Alexander Woll, Dr. Claudia Niessner) den Schwerpunkt körperlich-sportliche Aktivität und physische Gesundheit, das UKE (Prof. Ulrike Ravens-Sieberer) die seelische Gesundheit und die Pädagogische Hochschule Karlsruhe (V.-Prof. Anke Hanssen-Dose) die körperliche Fitness und Körperkonstitution. Die Universität Konstanz (Prof. Thomas Hinz) erforscht Umwelteinflüsse und soziale Ungleichheiten und die Ruhr-Universität Bochum (Prof. Markus Reichert) analysiert, wie Gedanken und Gefühle im Alltag das Verhalten beeinflussen.

BMBF-Förderung zur Erforschung der gesellschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie

Die COMO-Studie wurde in einem hochkompetitiven Wettbewerb als eines von nur 18 Projekten aus fast 500 Bewerbungen in der Förderlinie „Gesellschaftliche Auswirkungen der Corona-Pandemie − Forschung für Integration, Teilhabe und Erneuerung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) ausgewählt. Das BMBF fördert das innovative Vorhaben über eine Laufzeit von drei Jahren mit insgesamt rund zwei Millionen Euro.

Weitere Informationen: https://www.ifss.kit.edu/como/71

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

mle, 19.12.2023
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