Presseinformation 074/2022

Tiefsee-Test am Titanic-Wrack: Neue Technologie könnte Videokommunikation stark verbessern

Forschende erproben neuartige Übertragungsmethode unter extremen Bedingungen mit niedriger Bandbreite bei Tauchgang zum versunkenen Ozean-Riesen
Vorbereitungen am U-Boot für den Tauchgang zur Titanic am Morgen des 14. Juli 2022. (Foto: Alex Waibel, KIT)
Vorbereitungen am U-Boot für den Tauchgang zur Titanic am Morgen des 14. Juli 2022. (Foto: Alex Waibel, KIT)

Die Corona-Pandemie hat der Videokommunikation einen enormen Popularitätsschub gegeben – doch mitunter strapazieren schlechte Übertragungsqualität, Aussetzer und Verbindungsabbrüche in Meetings oder Calls die Geduld der Teilnehmenden. Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Carnegie Mellon University (CMU) haben eine Methode entwickelt, mit der Videokonferenzen über sehr geringe Bandbreiten übertragen und damit auch unter extremen Bedingungen genutzt werden können. Getestet haben sie diese jetzt während eines Tauchgangs zum Wrack der Titanic in 4000 Metern Tiefe im Nordatlantik.  

„Daten aus vier Kilometern Tiefe durch Salzwasser hindurch verlustfrei zu übertragen, ist extrem schwierig“, beschreibt Professor Alex Waibel, der am KIT und an der CMU zur Sprachübersetzung forscht, die Herausforderung. Denn die natürlichen Gegebenheiten ließen eine Übertragung vom Tauchboot an die Meeresoberfläche zum Mutterschiff nur mit Sonar zu, da Radio-Kommunikation im Salzwasser nicht funktioniert. Die Forschenden haben synthetische Methoden entwickelt, mit denen Videos aus Text rekonstruiert werden können. Die Tonaufnahme wird zunächst im U-Boot in Text umgewandelt, dann per Sonar-Schallimpuls nach oben übermittelt und dort aus dem Text als Video rekonstruiert. „Im Video ist dann eine synthetische Stimme zu hören, die auf die Stimme des Sprechenden übertragen wird, so dass sie wie die Stimme des Sprechenden klingt. Zudem wird die Video-Synthese so gesteuert, dass die Lippen des Sprechenden sich dabei synchron mit dem Ton bewegen“, erläutert Waibel, der seit Jahrzehnten an Spracherkennung, Sprachverarbeitung und Sprachübersetzung forscht.

Methode erlaubt Videokonferenzen bei sehr geringer Bandbreite

Im U-Boot setzten die Forschenden einen leistungsstarken Laptop ein, der zunächst die Sprache unterschiedlicher Sprechenden im Dialog in Text verwandelt. Selektierte Textfragmente können dann via Sonar an die Oberfläche entsandt werden. Dort wird der Text dann wieder in ein Video verwandelt. Neu ist dabei die Umwandlung einer synthetischen neutralen Stimme in die individuellen Stimmen der jeweiligen Sprechenden und die Video-Synthese, die lippensynchron das Video der jeweiligen Sprechenden im Dialog synthetisiert. Die Methode erlaubt es, Videokonferenzen über eine geringe Bandbreite zu übertragen: „Das wird in Zukunft die Kommunikation in gesprochener Sprache erleichtern“, sagt Waibel. Sie eignet sich aber auch für die Synthese von Videos in einer anderen Sprache oder für die lippensynchrone Vertonung von Videos.

Technologie basiert auf Pionierarbeit zur Sprachübersetzung am KIT

Die Technologie, die Waibel am Wrack der Titanic getestet hat, baut auf seiner jahrzehntelangen Pionierarbeit in der Sprachübersetzung auf. Waibel entwickelte unter anderem den „Lecture Translator“, der am KIT im Einsatz ist und in Vorlesungen automatisch den Vortrag des Lehrenden aufzeichnet und die Sprachsignale simultan in Schriftform ins Englische übersetzt. Die Studierenden können der Vorlesung so über Laptop, Smartphone oder Tablet folgen.

Wenig Platz: Alex Waibel (rechts) und Tiefsee-Reiseunternehmer Stockton Rush von OceanGate Inc. im U-Boot auf dem Weg zur Titanic. (Foto: Alex Waibel, KIT)

 

Das U-Boot für den Tauchgang zur Titanic auf der Plattform, von der es ins Wasser gelassen und wieder heraufgezogen wird. (Foto: Alex Waibel, KIT)

 

U-Boot-Plattform mit Mutterschiff. (Foto: Alex Waibel, KIT)

 

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

mex, 25.07.2022
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