Presseinformation 145/2018

Daten „fühlen“ mit haptischen Displays

Forscher des KIT entwickeln Sensorsysteme, die über Vibrationsmuster oder Drucksignale Informationen übertragen und bei der Steuerung komplexer Systeme helfen
Haptische Displays könnten komplexe Steueraufgaben in Leitwarten erleichtern, indem sie über fühlbares Feedback auf relevante Ereignisse aufmerksam machen. Hier im Bild: die Leitwarte des Neutrino-Experiments KATRIN am KIT. (Foto: Irina Westermann, KIT)
Haptische Displays könnten komplexe Steueraufgaben in Leitwarten erleichtern, indem sie über fühlbares Feedback auf relevante Ereignisse aufmerksam machen. Hier im Bild: die Leitwarte des Neutrino-Experiments KATRIN am KIT. (Foto: Irina Westermann, KIT)

Um unsere Umwelt wahrzunehmen, können wir Menschen auf fünf Sinne zurückgreifen. Beim Umgang mit Technik nutzen wir aber meist Bildschirme oder Lautsprecher, die nur Gehör- und Sehsinn ansprechen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) entwickeln nun haptische Displays, die über den Tastsinn arbeiten. Das System VibrAID beispielsweise soll mit Vibrationsmustern den Umgang mit komplexen Steuersystemen erleichtern.

 

 

„Haptische Displays übertragen per Vibration oder Druck Informationen über die Haut. Das kann eine Smartwatch sein, die uns über Vibration auf eine eingehende Nachricht aufmerksam macht, oder ein Handy, das uns aus der Hosentasche heraus über Vibrationsmuster navigiert“, sagt Erik Pescara von der Forschungsgruppe Telecooperation Office (TECO) des KIT. Doch haptische Feedbackgeräte können noch viel mehr: TECO entwickelt haptische Assistenzsysteme für komplexe Steueraufgaben. Mögliche Anwendungsszenarien des Systems VibrAID finden sich beispielsweise in den Leitwarten von Kraftwerken oder Verkehrsnetzen. Dort werden oft große Mengen relevanter Daten auf Bildschirmen angezeigt. Solche Dashboard-Systeme – also grafische Benutzeroberflächen, die Informationen per Computer darstellen – sind zwar individuell konfigurierbar, dennoch kann es passieren, dass Nutzer nicht schnell genug zu den aktuell relevanten Informationen finden, um das System optimal zu steuern.

 

„Wir wollen den visuellen Sinn entlasten, indem wir über den haptischen Sinn auf relevante Ereignisse aufmerksam machen“, sagt Vincent Diener, der VibrAID am KIT entwickelt und ebenfalls bei TECO mitarbeitet. „Ein tragbares System – ein sogenanntes Wearable – informiert den Nutzer mithilfe vorab eingelernter Vibrationsmuster über wichtige Änderungen oder Events im Dashboard.“ Die Aufmerksamkeit des Nutzers werde auf diese Weise weniger beansprucht und er könne sich besser auf andere Aufgaben konzentrieren. „Im Hintergrund läuft ein Server, der überwacht, ob es im System beispielsweise eine Überschreitung eines Richtwertes gibt“, so Diener. „Liegt eine solche vor, sendet das System die Information an das Smartphone des Nutzers. Dieses leitet dann die entsprechenden Daten via Bluetooth an das Wearable weiter und löst die Vibrationsimpulse aus.“ VibrAID besteht aus einer Manschette für das Handgelenk, die mit zehn kleinen Vibrationsmodulen ausgestattet ist. Da sich die Elektronik leicht entfernen lässt, kann die Manschette gut gereinigt werden. Die Wissenschaftler bauen nun am Beispiel der Leitwarte eines Energieversorgers eine realitätsnahe Studienumgebung am KIT auf, um das System dort zu testen.

 

Die von TECO entwickelten haptischen Technologien zeigen, dass es bei der Interaktion zwischen Mensch und Maschine intelligentere Wege gibt, als Daten nur über Monitore und Lautsprecher anzuzeigen. Zukünftig könnten haptische Displays uns selbstverständlich im Alltag und bei der Arbeit unterstützen.

 

Weitere haptische Technologien von TECO

Proximity Hat: Der Proximity Hat – zu Deutsch etwa Annäherungshut – nutzt die Reizwahrnehmung durch Druck. Er übermittelt seinem Träger durch schwächere oder stärkere Signale Informationen darüber, wie nah sich Wände, Durchgänge oder Gegenstände befinden. Das System vermisst die jeweilige Umgebung in Echtzeit via Ultraschall und könnte Sehbehinderte ebenso bei der Orientierung im Raum unterstützen wie Feuerwehrleute in einem verrauchten Gebäude.

 

RüttelFlug: Beim Gleitschirmfliegen ist es wichtig, dass der Pilot Informationen über die thermischen Umgebungsbedingungen bekommt, um kontrolliert sinken oder steigen zu können. Üblicherweise zeigen spezielle Messgeräte die Flughöhe an und übermitteln die Vertikalgeschwindigkeit über visuelle oder auditive Signale an den Piloten. Das System RüttelFlug informiert den Gleitschirmflieger dagegen per Vibrationen über die Geschwindigkeits- und Höhenveränderung. So kann dieser den Flug ohne störendes Piepsen oder ablenkende Monitore genießen.

 

Video „Daten ‚fühlen‘ mit haptischen Displays“:

https://youtu.be/PGOJd3rXTCI

 

Dossier „Wissenschaftsjahr 2018 – Arbeitswelten der Zukunft“:

http://www.sek.kit.edu/wissenschaftsjahr2018.php

 

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

mhe, 15.11.2018
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