Impfappell an Mitarbeitende und Studierende

Präsident Holger Hanselka unterstützt Aufruf von Klinikdirektor Uwe Spetzger
Uwe Spetzger privat
Professor Uwe Spetzger, Städtisches Klinikum Karlsruhe und KIT-Fakultät für Informatik (Foto: privat)

Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KIT,
Liebe Studierende am KIT,

mein Name ist Uwe Spetzger und ich bin der Direktor der Neurochirurgischen Klinik am Städtischen Klinikum Karlsruhe und Fakultätsmitglied der Informatik am KIT.

Zu Beginn der Pandemie, in meiner Zeit als medizinischer Geschäftsführer des Klinikums, haben das KIT und das Klinikum als die beiden größten Arbeitgeber in Karlsruhe erfolgreich in mehreren Bereichen kooperiert. Im Moment befinden wir uns in der 4. Welle der Pandemie und erneut besteht die Gefahr, dass unsere Intensivstationen hier vor Ort sowie überall in Europa an die Kapazitätsgrenzen kommen. Derzeit sind die vorhandenen Intensivbetten mehrheitlich von nicht geimpften und an Covid-19 erkrankten Patienten belegt. Dadurch wird bereits jetzt in manchen Krankenhäusern die zeitgerechte Behandlung schwer erkrankter Menschen problematisch. Durch eine weitere Überlastung der Intensivstationen mit Covid-19 Erkrankten besteht die Gefahr, dass Patienten mit Herzinfarkten, Schlaganfällen, Tumorerkrankungen oder nach Unfällen keine adäquate medizinische Therapie bekommen. Eine weitere Verschärfung dieser Notlage sollte unbedingt abgewendet werden. Bitte helfen Sie dies zu verhindern, denn durch Ihre Impfung schützen Sie sich und Ihre Mitmenschen!

Hier die wichtigsten und wissenschaftlich belegten Gründe für eine Impfung:

  • Die Wahrscheinlichkeit als vollständig Geimpfter an Covid-19 zu erkranken ist sehr gering!
  • Die Wahrscheinlichkeit eines schwerwiegenden Krankheitsverlauf ist signifikant geringer!
  • Die Wahrscheinlichkeit an Corona zu sterben ist statistisch nahezu ausgeschlossen!
  • Sie schützen andere Menschen, insbesondere Familienangehörige, Freunde und Kollegen!
  • Sie schützen und entlasten Pflegekräfte und Ärzte, da eine Behandlung im Krankenhaus oder gar auf der Intensivstation weniger wahrscheinlich ist!
  • Sie helfen mit die globale Verbreitung des Virus einzudämmen!

Leider gibt es Menschen, die vor wissenschaftlichen Fakten die Augen verschließen und vermuten, dass Impfungen Teil einer Verschwörung sind. Vermutlich wird auch dieser Appell diese Menschen nicht erreichen. Somit richtet sich der Aufruf zur Impfung an all diejenigen, die eine der drei folgenden Ängste plagen:

  1. Die Angst der Impfstoff sei nicht ausreichend erforscht und erprobt.
  2. Die Angst vor Nebenwirkungen der Impfung.
  3. Die Angst vor Langzeitfolgen.

Hierzu die medizinisch/wissenschaftlichen Fakten:

Zu 1. Der Impfstoff sei noch nicht ausreichend erprobt

Inzwischen sind weltweit über 3 Milliarden Menschen vollständig geimpft. Es gibt weltweit keinen Impfstoff, der schneller und in dieser Häufigkeit verimpft wurde und kontinuierlich multizentrisch evaluiert sowie stetig weiter erforscht und verbessert wird.

Viele glauben, dass die sogenannten mRNA-Impfstoffe (dazu gehören Biontech® und Moderna®) völlige Neuentwicklungen sind. Das stimmt aber nicht, denn die Forschung arbeitet seit fast 30 Jahren an diesen Impfstoffen und seit etwa 20 Jahren werden mRNA-Impfstoffe an freiwilligen Testpersonen und Patienten erprobt. Bereits 2012 gab es durch MERS-CoV, ein naher Verwandter des heutigen Covid-19 Virus, viele Todesfälle. Auch deshalb wurden mRNA-Impfstoffe gegen Corona-Viren bereits seit Jahren mit Nachdruck erforscht. Dies ist ein weiterer Grund, warum die Wissenschaft so schnell eine praktikable Lösung gegen Covid-19 finden konnte. Außerdem wird seit vielen Jahren erfolgversprechend an Immuntherapien gegen Krebs gearbeitet. Tumorimpfungen gegen Nierenzell-, Prostata-, Pankreaskarzinome sowie bei maligen Hirntumoren befinden sich bereits in der klinischen Erprobung. 

Impfstoffe auf mRNA-Basis sind also nicht neu und eine Impfung verändert auch definitiv nicht das Erbgut. Nach der Injektion des mRNA-Impfstoffs wird dieser in den Zellen des Geimpften aufgenommen, die Zellen lesen den mRNA-Bauplan ab und produzieren das Spike-Protein. Dieses wird von der Zelle abgegeben und wird dann von den Immunzellen erkannt. Dadurch wird das Immunsystem aktiviert und es werden Antikörper gegen das Spike-Protein gebildet. Außerdem wird im Immunsystem eine Erinnerung hinterlegt, welche die geimpfte Person bei einer erneuten Infektion vor dem Virus schützt. Eine Impfung mit mRNA-Impfstoffen ist also definitiv kein Gen-Experiment, sondern ein etabliertes immuntherapeutisches Verfahren.

Zu 2. Nebenwirkungen der Impfung

Natürlich kann es Nebenwirkungen geben. Bei Coronaimpfungen werden die Nebenwirkungen aber nicht verschwiegen, sondern intensiv evaluiert, erforscht und regelmäßig veröffentlicht. Wenn Sie jemals einen Beipackzettel für ein Medikament gelesen haben, dann wissen Sie, dass es immer Nebenwirkungen geben kann, die je nach Schweregrad und Häufigkeit des Auftretens klassifiziert werden. Impfreaktionen sind allerdings keine eigentlichen Nebenwirkungen, sondern die gewollte Immunantwort des Körpers. Diese Symptome sind somit nichts Ungewöhnliches und klingen meist schnell wieder ab. In den allermeisten Fällen sind die Symptome nach einer Impfung gering und fühlen sich an wie bei einer leichten Grippe. Schwere Nebenwirkungen, Impfkomplikationen oder Impfschäden kommen dagegen nur sehr selten vor.

Zu den schlimmsten, aber extrem seltenen Nebenwirkungen, gehören bei den Impfstoffen von Biontech® und Moderna® Herzmuskelentzündungen. In den USA wurden daraufhin zwei Millionen Menschen untersucht. Auf 100 000 Geimpfte kamen nur 2,8 Menschen mit Herzmuskelentzündungen. Alle Erkrankten haben diese schwere Nebenwirkung überlebt. Hingegen ist die Wahrscheinlichkeit eine Herzmuskelentzündung durch eine Covid-19-Erkrankung zu bekommen, um ein Vielfaches höher.

Wenn man alle Nebenwirkungen der Impfung betrachtet, dann sind sie sehr viel seltener und wesentlich ungefährlicher als die Auswirkungen einer Corona-Erkrankung. Bitte beachten Sie: Die Krankheit ist nicht mit einer banalen Erkältung oder Grippe zu vergleichen, sie ist ungleich gefährlicher. Covid-19 kann unter anderem zu Schlaganfällen und Hirnblutungen führen, zu monatelangen Schwächezuständen, zu bleibenden Herz- und Lungenschäden und natürlich auch zum Tod.

Zu 3. Langzeitfolgen der Impfung

Es gibt bisher keinen verifizierten Fall, wo bei Geimpften nach vielen Monaten irgendwelche überraschenden neuen Folgen aufgetreten wären. Es gibt auch keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass die Impfung gegen Covid-19 impotent oder unfruchtbar macht. Problematisch ist eher die nur begrenzte Schutzwirkung der Impfungen. Mitunter kann bereits nach 9 bis 12 Monaten keine ausreichende Menge an Antikörper gegen das Virus vorhanden sein was die direkte schützende Wirkung der Impfung reduziert. Derselbe Mechanismus zeigt sich auch bei genesenen Menschen, die eine Covid-19-Infektion überstanden haben.

Abschließend noch eine Bitte. Sprechen Sie mit einem Arzt Ihres Vertrauens oder mit Ihnen vertrauten Freunden und Bekannten, die bereits geimpft sind. Sprechen Sie wenn möglich auch mit Menschen, die an Corona erkrankt waren, lassen Sie sich deren Leid, Ängste und Schmerzen schildern. Sie sollten keine Angst vor der Impfung, sondern vor der Covid-19-Erkrankung haben. Vertrauen Sie den medizinischen Expertinnen und Experten sowie den wissenschaftlichen Fakten.

Bitte schützen Sie sich und auch die Menschen zu denen Sie Kontakt haben. Lassen Sie sich impfen!

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Uwe Spetzger
Städtisches Klinikum Karlsruhe / KIT-Fakultät für Informatik

Karlsruhe, 25.11.2021