Biotechnologie: Tumorwirkstoff aus Baumrinde nachbilden

Forschende des KIT wollen Konflikt zwischen Wirkstoffgewinnung und Artenschutz lösen
Forschende des KIT wollen Konflikt zwischen Wirkstoffgewinnung und Artenschutz lösen
Harzgang in der Rinde von Cephalotaxus: Hier sammeln sich die wertvollen Harringtonine (Foto: Hans-Otto Böhm, KIT)

In der Rinde des immergrünen Nadelbaumes Cephalotaxus hainanensis steckt ein begehrter Wirkstoff gegen Leukämie. Die sogenannten Harringtonine können Wunder bei der Chemotherapie bewirken. Der kostbare Baum kommt jedoch ausschließlich auf der chinesischen Insel Hainan vor, wo nur noch wenige weibliche und männliche Exemplare dieses urtümlichen Nacktsamers wachsen. Er ist vom Aussterben bedroht. Inzwischen muss der kostbare Baum bewacht werden, um zu verhindern, dass die wertvolle Rinde Wilderei zum Opfer fällt, denn sie wird mit dem achtfachen Goldpreis aufgewogen. Forschenden des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) ist es nun gemeinsam mit einer Arbeitsgruppe von der chinesischen Akademie für tropische Landwirtschaft gelungen, den ersten Teil der Harringtonin-Biosynthese aufzuklären – ein Meilenstein auf dem Weg zur vollständigen Synthese im Labor.

Im Rahmen des Helmholtz-Förderprogramms für chinesische Postdocs, OCPC, gelang es Huapeng Sung während eines zweijährigen Forschungsaufenthalts am KIT, das entscheidende Enzym zu finden, was das Grundgerüst der Harringtonine bildet. „Mithilfe einer neuartigen Strategie identifizierten wir dieses Enzym und konstruierten den gesamten Biosyntheseweg, der zu den Vorläufern des Wirkstoffs führt“, so Peter Nick vom Joseph Gottlieb Kölreuter Institut für Pflanzenwissenschaften des KIT. „Langfristiges Ziel ist es, diese Harringtonine in pflanzlichen Zellkulturen künstlich zu erzeugen, um so den Konflikt zwischen Wirkstoffgewinnung und Erhaltung der biologischen Vielfalt zu lösen“, erklärt Nick. „Diese Arbeit stellt einen wichtigen Meilenstein auf diesem Weg dar.“

rli, 19.01.2023