Atmosphärenforschung: Kleine Eiskristalle mit großer Wirkung

Forschende des KIT und der Universität Wien untersuchen den Einfluss winziger atmosphärischer Eiskristalle im Erdklimasystem
Eiskristalle
Winzige Eiskristalle in verschiedenen Formen und Größen (Abbildung: Fritz Waitz, KIT). Weitere Informationen zum Bild am Textende.

Dank neuer Hochleistungscomputer erreichen Klimamodelle eine immer bessere Auflösung. Aktuell lassen sich komplexe Konvektionsphänomene in Stürmen bis zu einer Auflösung von zwei Kilometern numerisch simulieren. Wieviel Unsicherheit trotz verbesserter Modelle weiterhin besteht, haben Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Universität Wien am Beispiel von winzigen Eiskristallen gezeigt, deren Größe im Bereich von zehn Mikrometern liegt. Diese treten in hohen Wolken auf und können dort auf das Wärmebudget des Erdsystems einwirken. Über seine Ergebnisse berichtet das Forschungsteam in der Fachzeitschrift Communications Earth & Environment.

Das Team hat zwei Mechanismen betrachtet, über die Eiskristalle im Klimasystem wirken: eine Erwärmung im unteren Teil von Zirruswolken durch Absorption von Wärmestrahlung im Infrarotbereich sowie einen kühlenden Effekt auf dem oberen Teil der Zirren durch Infrarotabstrahlung in den Weltraum. „Bei ihrer Entstehung durchlaufen atmosphärische Eiskristalle kleinskalige Prozesse. Durch diese Eismikrophysik bilden sie ganz unterschiedliche Größen und Formen“, sagt Sylvia Sullivan vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Troposphärenforschung des KIT, die Hauptautorin der Studie.

„Wir konnten nachweisen, inwiefern Faktoren wie die Größe der Eiskristalle und deren Bildung auf Aerosolpartikeln die Interaktion mit der Infrarotstrahlung und damit auch die Wolkenerwärmung im Modell verändern können.“ Die Forschenden bestimmten dabei eine mögliche Veränderung um den Faktor vier, die Stärke der Abkühlung konnten sie um etwa 20 Prozent modulieren. „Um unser Verständnis des Klimasystems zu verbessern, müssen wir solche kleinskaligen Unsicherheiten weiter reduzieren“, so Sullivan.

mhe, 15.07.2021

Zum Bild:
Entstanden sind die Aufnahmen mit der Wolkenpartikelsonde PHIPS, die unter der Leitung von Martin Schnaiter vom Department Atmosphärische Aerosol Forschung entwickelt wurde. Mehr Eiskristalle gibt es in der Open-Access-Datenbank Real Ice Crystals