Quantencomputer: Liegt die Zukunft im Untergrund?

Deutsch-italienisches Forschungsteam untersucht Einfluss natürlicher Radioaktivität. Supraleitende Schaltkreise bleiben im Felsmassiv des Gran Sasso länger stabil
Quantenschaltkreise: links im nicht abgeschirmten Labor, rechts abgeschirmt im Untergrundlabor Francesco Valenti, KIT
Einem internationalen Forschungsteam ist es gelungen, die Stabilität von Quantenschaltkreisen zu verbessern, indem sie diese abgeschirmt von der natürlichen Radioaktivität durch kosmischen Strahlung im Untergrund betrieben. (Grafik: F. Valenti, KIT)

Supraleitende Schaltkreise sind eine der führenden Technologien bei der Entwicklung von Quantencomputern. Supraleitend bedeutet, dass die Schalkreise bei tiefen Temperaturen ihren elektrischen Widerstand verloren haben. Die Information wird dabei in supraleitenden Qubits gespeichert. Das Qubit spielt für Quantencomputer die gleiche Rolle wie das Bit bei klassischen Computern. Es kann aber nicht nur die Werte Null und Eins, sondern theoretisch unendlich viele Überlagerungszustände einnehmen. Eine der größten Herausforderungen liegt darin, dass die supraleitenden Qubits ihren Zustand nur für sehr kurze Zeit bewahren können, da sie durch verschiedene Einflüsse wie Radioaktivität gestört werden.

Einer Arbeitsgruppe des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und des italienischen Istituto Nazionale di Fisica Nucleare (INFN) ist es nun im Untergrundlabor Laboratori Nazionali del Gran Sasso gelungen, die Bausteine der Qubits vor den Auswirkungen natürlicher Radioaktivität zu schützen und dadurch deren Stabilität deutlich zu verbessern. Die Arbeiten wurden nun in der Fachzeitschrift Nature Communications publiziert.

„Die unterirdischen Anlagen befinden sich unter 1 400 Metern Fels, dadurch wird die natürliche Radioaktivität durch kosmische Strahlen um den Faktor eine Million reduziert“, erläutert Francesco Valenti, Doktorand in der Arbeitsgruppe von Ioan Pop am KIT. „Radioaktivität induziert gleichzeitige Fehler in Schaltkreisen auf demselben Chip. Das ist für Quantenprozessoren besonders nachteilig, denn deren Fehlerkorrektur basiert darauf, dass bei einem Fehler in einem der Qubits die anderen die Information noch erhalten können.“ INFN-Forscherin Laura Cardani fasst die Ergebnisse wie folgt zusammen: „Unsere Studie zeigt, dass eine signifikante Verbesserung durch den Betrieb in einer Umgebung mit sehr geringer Radioaktivität erreicht werden kann.“ Bezüglich der nächsten Schritte betont Ioan Pop, dass es wichtig ist, mehr Verständnis für die genauen Prozesse zu erlangen, durch die Radioaktivität Quantenschaltungen verschlechtert, und damit zu beginnen, Quantenprozessoren unter der Erde zu betreiben.  

jh, 02.06.2021