Technikkommunikation: Besorgnis durch Aufklärung?

Forscher untersuchen die Wirkung von Vorsorgetipps an Techniknutzer / Studienbeispiel war strahlenreduzierendes Verhalten beim Telefonieren mit dem Handy
Die subjektive Wahrnehmung der Gefahr durch die Strahlung des eigenen Handys kann sich durch mehr Aufklärung und Vorsorgekommunikation erhöhen. (Bild: KIT)

In demokratischen Gesellschaften gilt es als Pflicht, dass Forscher und Politiker die Öffentlichkeit über moderne Technologien und deren mögliche Risiken aufklären. Forscher des KIT und der University of Wollongong in Australien zeigten nun, dass Aufklärung über Techniken und deren Risiken unerwünschte Nebeneffekte haben kann. Sie kann auch dort zu Besorgnis führen, wo diese kaum angebracht scheint, wie sie nun im Fachjournal International Journal of Environmental Research and Public Health berichten.

„Technische Innovationen dominieren heutzutage unseren Alltag an vielen Stellen. Neue Techniken bergen jedoch immer auch Risiken – und diese werden von Laien auch gesehen“, so Christoph Böhmert vom KIT, Erstautor der aktuell erschienenen Studie und Forscher in der Abteilung Wissenschaftskommunikation am Institut für Germanistik des KIT. „Es geht darum eine adäquate Kommunikation zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu ermöglichen, die nicht nur die wissenschaftliche Befundlage, sondern auch die Bedenken in der Bevölkerung berücksichtigt.“ Dass die Verständigung über Risiken mitunter kompliziert sein kann, wurde in der aktuellen Studie klar: Aufklärung über Möglichkeiten zu effizienter Vorsorge führte hier dazu, dass sich die Risikowahrnehmung der Empfänger der Information erhöhte.

In ihrer Studie untersuchten die Forscher die Kommunikation über eine Technik, die aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken ist – den Mobilfunk und die ihm zugrundeliegenden elektromagnetischen Felder. Weltweit kommunizieren Einrichtungen für Strahlenschutz - wie zum Beispiel das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz - den Stand der derzeitigen Forschung zu Risiken der elektromagnetischen Felder nach folgendem Muster: Bisher durchgeführte Untersuchungen ließen, betrachtet man die Gesamtschau aller Ergebnisse, keinen Schluss auf eine Gefahr für die Gesundheit durch den Mobilfunk zu. Jedoch, so weiter, gäbe es noch Wissenslücken, etwa bezüglich der Langzeitwirkung. Auf dieser Grundlage werden dann Maßnahmen empfohlen, die das Ausmaß, in dem der Einzelne den Feldern ausgesetzt ist, verringern. Das Bundesamt für Strahlenschutz empfiehlt beispielsweise, Telefonate kurz zu halten, ein Handy mit einem niedrigen Strahlungswert zu kaufen oder ein Headset zu benutzen, damit das Handy beim Telefonieren nicht direkt am Kopf ist.

Dass Informationen zur Vorsorge zu einer höheren Besorgnis führen können, war schon aus mehreren Vorgängerstudien bekannt. Vermutet wurde der Effekt, dass Menschen aus der Empfehlung, Vorsorge zu betreiben, schließen, dass es tatsächlich ein Risiko gibt. Die aktuelle Studie konnte diesen Effekt nicht bestätigen. Die Wissenschaftler machen vielmehr für den Anstieg der Besorgnis einen Mangel an Wissen über die Ausbreitung von elektromagnetischen Feldern verantwortlich.

Weiterführende Informationen in der Pressemitteilung 155/2016.


kes, 08.11.2016