Tropfsteinhöhle als Klimaarchiv

Anhand von Höhlentropfsteinen rekonstruieren Forschende regionale und globale Klimageschichte – Isotopenzusammensetzung gibt Aufschluss über jahreszeitliche Niederschlagsmengen
Tropfsteine in der Teufelshöhle KIT
Aktive Tropfsteinbildung in einem Seitenbereich der kleinen Teufelshöhle in Bayern.

Höhlentropfsteine können ein einzigartiges Archiv für die Erforschung historischer Klimaschwankungen sein – das hat ein Forschungsteam des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) in Zusammenarbeit mit der Universität Heidelberg und weiteren Partnern gezeigt. Sie analysierten die Isotopenzusammensetzung des Sauerstoffs im Tropfsteinkalk der kleinen Teufelshöhle in Bayern und veröffentlichten ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift Earth and Planetary Science Letters.

Informationen im Kalk des Regenwassers

„Tropfsteine entstehen über Jahrtausende aus dem Kalk des Regenwassers“, sagt Tobias Kluge vom Institut für Angewandte Geowissenschaften des KIT. „Da sich die Isotopenzusammensetzung im Sauerstoff des Kalziumkarbonats durch das Tropfwasser während der Winter- und Sommerzeit unterscheidet, können wir aus den Ablagerungen Schlussfolgerungen über den Niederschlag treffen und zeitlich zuordnen.“ Nur wenige Zentimeter des Höhlengesteins könnten so Aufschluss über die klimatischen Bedingungen Tausender Jahre geben. Die Zusammensetzung der Sauerstoffisotope im Tropfstein der kleinen Teufelshöhle wurde mit einer Ionensonde am Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg gemessen.

Hinweise auf einen unbekannten Vulkanausbruch im 19. Jahrhundert

Ergänzt und verifiziert mit Daten aus Baumringen, aus denen sich etwa die Temperatur ablesen lässt, rekonstruierten die Forschenden nun für Bayern kurzfristige Klimaschwankungen vergangener Jahrhunderte. Dabei stellten sie einen Zusammenhang mit bekannten historischen Umweltereignissen her, zum Beispiel mit dem ungewöhnlich kalten „Jahr ohne Sommer“ 1816, das mit dem Ausbruch des Vulkans Tambora in Indonesien im April 1815 zu erklären ist – möglicherweise verstärkt durch einen bislang unbekannten Vulkanausbruch sechs Jahre zuvor. Auch die sogenannte „Kleine Eiszeit“ vom Ende des 16. bis zum Ende des 17. Jahrhunderts hinterließ ihre Spuren im Tropfstein. „In diesen Jahren kam es zu häufigen Überschwemmungen, die für die unweit der Teufelshöhle gelegene Stadt Nürnberg historisch belegt sind“, so Kluge.

mhe, 17.01.2024