Erledigt die Arbeit von Monaten in unter einer Stunde: ReacTUNE, eine neue Software des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), berechnet automatisiert die optimale Geometrie für Chemiereaktoren und erzeugt direkt nutzbare Dateien für deren Herstellung im 3D-Metalldruck-Verfahren. Beim diesjährigen Innovationswettbewerb NEULAND wurde das neue Werkzeug mit Potenzial zum Einsatz in der Industrie mit dem Ideenpreis ausgezeichnet.
Verfahrenstechnische Reaktoren sind eine wichtige Basis der Chemieindustrie. Komplexe Reaktorgeometrien zu entwickeln und zu produzieren, dauert in der Regel mehrere Monate und erfordert tiefgehende Expertise. Die Software ReacTUNE – Intelligente Reaktordesign-Optimierung, die von Mertcan Kaya und Professor Christoph Klahn vom Institut für Mikroverfahrenstechnik des KIT entwickelt wurde, reduziert den Konstruktionsaufwand nun auf 45 Minuten. „Auch mit geringen Konstruktionskenntnissen können damit komplexe Apparaturen schnell und effizient entwickelt werden“, sagt Klahn. „Die Nutzenden definieren einfach ihre Anforderungen und auf dieser Basis berechnet ReacTUNE die optimale Reaktorgeometrie. Das Resultat ist eine Datei für den 3D-Druck nach Industriestandard, die mit entsprechenden Fertigungsmaschinen nur noch ausgeführt werden muss.“ Möglich wird das durch eine Verknüpfung von computergestützter Konstruktion und numerischer Simulation. Die Software implementierten die Forschenden bereits erfolgreich in der Methanolsynthese und validierten sie im Labormaßstab unter realen Prozessbedingungen. Aktuell erweitern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Software für eine breitere Anwendung und planen eine Ausgründung.
Die besten anwendungsorientierten Ideen aus dem KIT
Neben ReacTUNE zeichnete das KIT beim Innovationswettbewerb NEULAND zwei weitere Projekte mit hohem Potenzial aus. Der zweite Platz ging an das Projekt Hybrid-Extrusion-Printing und das Team Markus Fischer, Dr. Nico Leister und Laurids Pernice vom Institut für Bio- und Lebensmittelverfahrenstechnik des KIT. Sie haben eine Methode entwickelt, um Fleischersatzprodukte mit fleischähnlichen Strukturen herzustellen. Diese kombiniert die industrielle Extrusion – bei dem Material unter Druck durch eine Form gepresst wird – mit der Präzision des 3D-Drucks. Das Verfahren eignet sich insbesondere für Whole-Cut-Produkte wie pflanzliches Steak oder Schnitzel, also Produkte, die aus einem Stück bestehen.
Ebenfalls ausgezeichnet wurde das Projekt CeraMMAM (steht für: Ceramic Multi-Material Additive Manufacturing) von Professor Frederik Zanger und seinem Team vom wbk Institut für Produktionstechnik des KIT. Sie haben ein Bindersystem für die additive Fertigung von Multi-Material-Keramiken entwickelt. Das System ermöglicht höchste Präzision und könnte deshalb bald neue Anwendungsfelder für Keramikmaterialien in der Medizin, dem Maschinenbau sowie in der Luft- und Raumfahrt erschließen.
Transferpreis für die Tritiumanalytik
Zusätzlich vergab das KIT auch den Technologietransferpreis. Diesen erhielt das Projekt Micro-Raman-System zur Detektion von Wasserstoffisotopologen – also chemischen Varianten des Wasserstoffs mit unterschiedlicher Masse – von Dr. Robin Größle vom Institut für Astroteilchenphysik des KIT und seinem Team. Gemeinsam mit dem Industriepartner smolsys ltd. aus der Schweiz entwickelten sie ein Analysegerät für die Fusionsforschung weiter. Künftig soll es bei der Tritiumüberwachung in Fusionskraftwerken sowie in der Schwerwasseranalyse zum Einsatz kommen.
Über den Innovationswettbewerb NEULAND
Jedes Jahr ruft das KIT seine Forschenden und Promovierenden dazu auf, ihre anwendungsnahen Projekte beim NEULAND Innovationswettbewerb einzureichen. Neben Geldpreisen im Gesamtwert von 19 000 Euro erhalten die ausgezeichneten Teams gezielte Unterstützung beim Transfer ihrer Ideen in Wirtschaft und Gesellschaft durch das Innovationsmanagement des KIT.
Bildunterschrift: Die Gewinner des Ideenpreis beim Innovationswettbewerb NEULAND des KIT. V.l.n.r. Axel Weisheit (KIT-Stiftung), Mertcan Kaya (IMVT, KIT), Prof. Christoph Klahn (IMVT, KIT), Prof. Thomas Hirth (Vizepräsident Transfer und Internationales, KIT) (Foto: Sandra Göttisheim, KIT)
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.