Presseinformation 118/2017

Harvey eine der bisher teuersten Naturkatastrophen

Schadensumme allein für Texas auf 58 Milliarden USD beziffert – Weitere Kostensteigerung Möglich – Nur Sandy und Katrina teurer
Durch Hurrikan Harvey übersteigen die jährlichen Kosten von Naturkatastrophen weltweit nun schon das achte Jahr in Folge die 100 Milliarden Dollar Grenze. (Grafik: KIT).
Durch Hurrikan Harvey übersteigen die jährlichen Kosten von Naturkatastrophen weltweit nun schon das achte Jahr in Folge die 100 Milliarden Dollar Grenze. (Grafik: KIT).

Im Vergleich der teuersten Sturmkatastrophen steht Hurrikan Harvey, der zu Wochenbeginn schwere Schäden im US-Bundesstaat Texas hinterlassen hat und jetzt über Louisiana wütet, auf Rang drei. Das haben Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) berechnet. Sie schätzen die zu erwartenden Schäden auf bis zu 58 Milliarden US-Dollar – allein für Texas. Damit gehört der Tropensturm schon zu den zehn teuersten Naturkatastrophen seit dem Jahr 1900. Und die Kosten könnten je nach Wetterentwicklung noch bis auf über 80 Milliarden steigen.

 

„Die direkten Schäden sind schon jetzt erheblich“, sagt James Daniell vom Geophysikalischen Institut und vom Center for Disaster Management and Risk Reduction Technology (CEDIM). „Je nachdem, wie sich das Wetter in den folgenden Tagen entwickelt, kann der endgültige Schaden sogar noch höher liegen“, so der Risikoingenieur und Geophysiker. Je nachdem welche Annahmen man den Berechnungen zugrunde lege, könne der tatsächliche Schaden am Ende bei rund 42 bis gut 80 Milliarden Dollar liegen. In den vergangenen zehn Jahren hat in den USA nur Hurrikan Sandy größere Schäden verursacht, der 2012 an der Ostküste wütete. Die Schadenssumme damals: 70 Milliarden US-Dollar. Hurrikan Katrina davor, der im Jahr 2005 große Teile von New Orleans unter Wasser setzte, war allerdings noch teurer. Hier beliefen sich die direkten ökonomischen Schäden auf 160 Milliarden Dollar. Katrina, der 1833 Menschenleben forderte, gilt als eine der verheerendsten Naturkatastrophen in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Harvey fielen bislang etwa 30 Menschen zum Opfer.

 

„90 Prozent der von Harvey bislang verursachten Zerstörungen sind Folge von Überflutungen“, sagt Daniell. Nur etwa 10 Prozent der berechneten Schäden wurden durch die hohen Windgeschwindigkeiten von bis zu 212 Stundenkilometern verursacht. Am stärksten betroffen sind Wohnimmobilien, für die Daniell die Schadenssumme auf 19 Milliarden Dollar schätzt. Für die Zerstörungen an Regierungseigentum und Infrastruktur belaufen sich die Schadenschätzungen der CEDIM-Forscher auf 18 Milliarden Dollar, bei Gewerbeimmobilien auf 16 Milliarden. Beschädigte Gebrauchsgüter wie Kraftfahrzeuge schlagen mit 5 Milliarden Dollar zu Buche. „Für Texas summieren sich die Belastungen damit auf drei Prozent des Bruttoinlandprodukts“, sagt Daniell. Der Immobilienbestand im Staat habe einen Gegenwert von 4,5 Billionen Dollar. „Etwa ein Prozent dieses Kapitals ist betroffen.“

 

Rank Jahr Land Ort Disastertyp Todesfälle

Direkte Ökonomische

Schäden in Mrd. Us-Dollar

1 2011 Japan Tohoku Erdbeben

18618

218
2 2008 China Sichuan Erdbeben 88287 162
3 2005 USA Katrina Hurrikan 1833 160
4 1995 Japan

Kobe

Erdbeben 6433

97

5 1994 USA Northridge Erdbeben 72 93
6 2012 USA Sandy Hurrikan 159 70
7 1980 Italien Irpinia

Erdbeben

2900

67
8 2010 China Fujian Flut 1691 62
9 2017 USA Harvey

Hurrikan (Flut)

30+ 58
10 1923 Japan Great Kanto Erdbeben 105385 51
10 1998 China

Hubei

Flut 3656 51

Quelle: CATDAT Database v6.45, 30.08.2017
 

Erstellt hat Daniell diese Bilanzen mithilfe eines von ihm entwickelten Risikoschadenmodells, das die direkten ökonomischen Schäden nach einer Naturkatastrophe berechnet. Die CEDIM-Forscher haben dafür eine Naturkatastrophen-Datenbank mit 60.000 Einträgen angelegt (CATDAT). Laut CATDAT geht ein Drittel des wirtschaftlichen Gesamtschadens von 7 Billionen Dollar seit dem Jahr 1900 auf das Konto von Flutkatastrophen. Erdbeben verursachen 26 Prozent der Schäden, Stürme 19 Prozent, Vulkanausbrüche machen lediglich ein Prozent aus. Bislang unangefochtener Spitzenreiter ist das Tohoku-Erdbeben vom März 2011. An der Japanischen Pazifikküste kamen damals fast 1900 Menschen ums Leben. Die Schäden summierten sich auf unglaubliche 218 Milliarden Dollar. „In den vergangenen hundert Jahren haben die wirtschaftlichen Schäden durch Naturkatastrophen pro Jahr – absolut gesehen – zugenommen“, sagt Daniell. Während auf den gesamten Zeitraum gesehen Flutkatastrophen die größten Verursacher wirtschaftlicher Schäden sind, geht in der jüngeren Vergangenheit, seit 1960, mit 30 Prozent der größte Anteil auf Stürme und Sturmfluten zurück.

 

CATDAT greift auf sozioökonomische Indikatoren wie Gebäudedaten, Human Development Index (HDI) oder Bruttoinlandsprodukt zurück und bildet die Grundlage für das Schadenmodell, das Regierungen und Hilfsorganisationen bei der Abschätzung des Ausmaßes einer Katastrophe und das Katastrophenmanagement unterstützt. Erfolgreich angewendet wurde es bereits beim Tohoku Erdbeben in Japan oder dem Taifun Haiyan über den Philippinen. Die Informationen haben die Wissenschaftler seit 2003 aus Online-Archiven, Büchern, Berichten von Institutionen, Publikationen sowie aus weiteren Datenbeständen weltweit zusammengetragen, wobei die Datenbank jährlich aktualisiert wird.

 

Eine erste Zusammenfassung der Geschehnisse und eine detaillierte Beschreibung der Schadenschätzungen finden Sie online im CEDIM-Bericht zu Hurrikan Harvey: http://www.cedim.de/download/FDA_Harvey_2017_report1.pdf

 

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

mex, 31.08.2017
Kontakt:

 

Monika Landgraf
Chief Communication Officer
Leiterin Gesamtkommunikation
Pressesprecherin
Tel: +49 721 608-41150
Fax: +49 721 608-43658
presse does-not-exist.kit edu

Kontakt für diese Presseinformation:

Dr. Felix Mescoli
Pressereferent
Tel.: +49 721 608 41171
felix mescoli does-not-exist.kit edu
Das Foto kann in der höchsten uns vorliegenden Qualität angefordert werden unter:
presse does-not-exist.kit edu oder +49 721 608-41105.

Die Presseinformation steht auch als PDF-Datei zur Verfügung.