Presseinformation 057/2012

PNAS: Präzise molekulare Chirurgie im Pflanzengenom

Neues Verfahren zum Einbau von Erbgut nutzt natürlichen Reparaturmechanismus der Pflanzen / Effizienz des Erbguteinbaus um zwei Größenordnungen zu bisherigen Verfahren gesteigert
Die Blüte der Ackerschmalwand: Als Modellpflanze dient die Ackerschmalwand  (Arabidopsis thaliana) in vielen biotechnologischen Versuchen (Foto: H. Puchta,  KIT)
Die Blüte der Ackerschmalwand: Als Modellpflanze dient die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) in vielen biotechnologischen Versuchen (Foto: H. Puchta, KIT)

Nutzpflanzen werden seit jeher durch Züchtung an die Bedürfnisse des Menschen angepasst, um etwa größere Früchte zu tragen, Trockenheit standzuhalten oder Schädlingen zu widerstehen. Die grüne Biotechnologie stellt neue Werkzeuge an die Seite der klassischen Zuchtmethoden und verbessert die Pflanzeneigenschaften so schneller und effizienter. Im Fachjournal PNAS stellen Botaniker des KIT nun ein biotechnologisches Verfahren vor, mit dessen Hilfe Geninformationen präziser und verlässlicher in pflanzliches Erbgut eingebaut oder verändert werden können. (DOI: 10.1073/pnas.1202191109).

Im Zentrum des neuen Verfahrens steht einer der natürlichen Reparaturmechanismen von Pflanzen. Die sogenannte homologe Rekombination repariert das Erbgut in dem Fall, dass die Erbgutstränge in der Zelle vollständig durchreißen. „Wir erzeugen daher zunächst durch ein passendes Enzym, also eine molekulare Schere, einen Schnitt an der richtigen Stelle im Erbgut und sorgen dann dafür, dass auch genau der richtigen Flicken zur Reparatur parat liegt“, sagt Friedrich Fauser vom Karlsruher Institut für Technologie und Erstautor der PNAS-Veröffentlichung. „Teil des Flickens ist das neue Gen-Stück, das wir einbauen wollen. Den Rest erledigt der Reparatur-Service der Zelle von alleine.“

Durch diesen Kniff wird das Verfahren, das „in planta Gene Targeting“ (IPGT) genannt wird, sehr zuverlässig und baut die neue Erbinformation sauber und präzise an der gewünschten Stelle im Ergbut ein. Zudem ist IPGT im Prinzip bei jeder Pflanzenart anwendbar. „Das ist ein großer Vorteil zu bisherigen Methoden, die nur bei bestimmten Pflanzen funktionieren und zudem eine Menge Ausschuss produzierten“, erklärt Professor Holger Puchta, Leiter des Lehrstuhls  Molekularbiologie und Biochemie der Pflanzen des Karlsruher Instituts für Technologie. „Dank der richtigen molekularen Scheren und Flicken sowie unter Ausnutzung des natürlichen Flick-Prozesses der Zelle ist IPGT etwa 100-mal effizienter als bisherige Verfahren.“

Mit den Versuchen an der Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) ist den Forschern des KIT nun in Kooperation mit der Firma SunGene GmbH, einer Tochtergesellschaft der BASF Plant Science mit Sitz in Gatersleben, der prinzipielle Nachweis gelungen, dass IPGT bei Pflanzen funktioniert. „Der nächste Schritt zur breiteren Anwendung in der Biotechnologie wird es sein, das Prinzip auch auf andere Pflanzen zu übertragen und passende Scheren und Flicken zu entwickeln“, so Puchta. So können etwa die bekannten vorteilhaften Eigenschaften von Wildarten schnell auf Kulturpflanzen übertragen werden. Langfristiges Ziel der Wissenschaftler ist es, die natürlichen Ressourcen für die Produktion von Nahrung und pflanzlichen Rohstoffen optimal zu nutzen.  

Das Paper im Portal des Journals PNAS:
http://www.pnas.org/

Die Homepage der Arbeitsgruppe von Prof. Puchta
http://www.botanik2.uni-karlsruhe.de/591.php

 

Im Dialog mit der Gesellschaft entwickelt das KIT Lösungen für große Herausforderungen – von Klimawandel, Energiewende und nachhaltigem Umgang mit natürlichen Ressourcen bis hin zu Künstlicher Intelligenz, technologischer Souveränität und demografischem Wandel. Als Die Universität in der Helmholtz-Gemeinschaft vereint das KIT wissenschaftliche Exzellenz vom Erkenntnisgewinn bis zur Anwendungsorientierung unter einem Dach – und ist damit in einer einzigartigen Position, diese Transformation voranzutreiben. Damit bietet das KIT als Exzellenzuniversität seinen mehr als 10 000 Mitarbeitenden sowie seinen 22 800 Studierenden herausragende Möglichkeiten, eine nachhaltige und resiliente Zukunft zu gestalten. KIT – Science for Impact.

kes, 24.04.2012

 

Christian Könemann
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