Lernen und Forschen – Hand in Hand

Das Exzellenzuniversitätsvorhaben RIRO überführt die einzigartigen Stärken des KIT in die Lehre

Als Teil der Helmholtz-Gemeinschaft betreibt das KIT zahlreiche Infrastrukturen für Großforschungsaufgaben, die im deutschen Hochschul- und Wissenschaftssystem einmalig sind. Um diese Stärke gezielt in die Lehre einzubringen, hat das KIT vor sieben Jahren das Exzellenzuniversitätsvorhaben RIRO – Research Infrastructures in Research-Oriented Teaching ins Leben gerufen. Eine einmalige Gelegenheit für Studierende – und Forschende.

Es ist eine Chance, die es so nur am KIT gibt: RIRO ermöglicht Bachelor- und Masterstudierenden bereits zu einem frühen Zeitpunkt im Studium die Zusammenarbeit mit Forschenden an wissenschaftlichen Großgeräten. Die Vermittlung von Wissen findet in der Praxis statt – beispielsweise im Smart Energy System Lab, in einem Praktikum zum autonomen Fahren oder am Black Forest Observatory.

Studierende erlangen innerhalb von RIRO Kompetenzen, die einerseits eng mit der Forschung verknüpft sind, andererseits aber weit über diese hinausgehen. Sie arbeiten im Team zusammen, entwickeln Lösungsstrategien über die Grenzen der eigenen Disziplin hinweg und erwerben Fähigkeiten im Projektmanagement. 

Die Lehrveranstaltung „Transport Processes in Rivers“ ist ein anschauliches Beispiel, wie Forschung und Lehre am KIT ineinandergreifen.

Zwei Studierende in Schutzanzügen arbeiten an einem komplexen Versuchsaufbau mit vielen Geräten. IBPT, KIT
Studierende führen am Linearbeschleuniger FLUTE Übungen zur Beschleunigerphysik durch.
Eine junge Frau läuft an der Seitenwand des KATRIN-Experiments entlang, das von außen wie eine große Metallröhre aussieht. Magali Hauser, KIT
Am KIT können Studierende an der Neutrinowaage KATRIN praktische Erfahrungen in der Teilchenphysik sammeln.

Verknüpfung von Lehrveranstaltung und Labor

Ein Beispiel ist die Lehrveranstaltung „Transport Processes in Rivers“ am Institut für Wasser und Umwelt (IWU) des KIT. Die Studierenden arbeiten hier innerhalb einer regulären Lehrveranstaltung mit der Forschungsinfrastruktur im Theodor-Rehbock-Flussbaulaboratorium und wenden die in der Vorlesung vermittelten theoretischen Grundlagen unmittelbar in praktischen Versuchen an, die sie selbst konzipieren und durchführen.

Dr. Frank Seidel, Leiter der Abteilung Experimenteller Wasserbau im Fachbereich Wasserbau und Wasserwirtschaft am IWU, beschreibt den didaktischen Ansatz wie folgt: „Unser Ziel ist es, die Studierenden aktiv in unsere Forschungsthemen einzubinden. Sie sollen nicht nur theoretische Inhalte vermittelt bekommen, sondern selbst experimentieren und eigene Fragestellungen entwickeln. So erhalten sie frühzeitig Einblicke in die Forschung und lernen, kritisch und wissenschaftlich zu denken. Diese enge Verzahnung von Lehre und Forschung fördert das Verständnis komplexer Zusammenhänge und stärkt methodische und analytische Kompetenzen.“

Eine der Teilnehmenden ist Carolin vom Studiengang Bauingenieurwesen am KIT. Sie hebt vor allem das selbständige Arbeiten und die umfassende Beschäftigung mit der Materie hervor: „In der Vorlesung befassen wir uns eher theoretisch mit dem Thema. Während des Praktikums haben wir alle relevanten Prozesse vertieft und vom Versuchsaufbau bis zur Datenauswertung alles selbst praktisch durchgeführt.“ Eine Erkenntnis, die sie aus dem Projekt mitnimmt: „Das Experiment durchzuführen hat viel Spaß gemacht, und ich habe verschiedene Sichtweisen bei der Umsetzung kennengelernt.“

Aktive Einbindung in aktuelle Großforschung

In einem wettbewerblichen Verfahren am KIT wurden bereits 16 solcher Projekte gefördert. Mit einer Anschubfinanzierung von bis zu 120 000 Euro pro Projekt haben die Dozierenden die Möglichkeit, neue Lehrveranstaltungen wie Vorlesungen oder Praktika zu konzipieren oder bereits existierende Kurse anzupassen – mit dem Ziel, diese im Anschluss langfristig anzubieten.

Der Erfolg von RIRO zeigt sich nicht nur an der Vielzahl überzeugender Projektideen, die bei jeder Antragsrunde eingehen, sondern insbesondere an der Resonanz der Beteiligten. Studierende schätzen den Zugang zur Großforschung und die Arbeit mit den Forschenden. Lehrende sind begeistert von der Motivation und dem Engagement, das die Studierenden mitbringen. Die RIRO-Lehrveranstaltungen sind regelmäßig ausgebucht, die geförderten Projekte umfassen Themen wie Meteorologie, Astroteilchenphysik, Synchrotronstrahlung, Energieforschung und Hochleistungsrechnen. Damit decken die Veranstaltungen die ganze Bandbreite der Forschungsinfrastrukturlandschaft am KIT ab.

„RIRO zahlt als zusätzliches Angebot am KIT deutlich auf die forschungsorientierte Lehre ein“, erläutert Professorin Anke-Susanne Müller, eine der Mit-Initiatorinnen von RIRO und Vice Provost für Forschungsinfrastrukturen des KIT. Einmalige Forschungsinfrastrukturen und neue Lehr- und Lernformate werden durch das Exzellenzuniversitätsvorhaben noch enger miteinander verbunden und validiert – und zwar auf Dauer. Professor Oliver Kraft, Vizepräsident Forschung, Lehre und Akademische Angelegenheiten des KIT, betont: „Es muss der Wille, ein Plan und die Ressource da sein, um die Lehrveranstaltung nach der Förderung weiterzuführen und in die Curricula der Studiengänge zu etablieren.“

Dr. Sabine Fodi, 25.11.2025