Wissenschaftlerinnen mit Sichtbarkeitslücke
Die Sichtbarkeit von Frauen in der Öffentlichkeit gehört zu den zentralen Gleichstellungsfragen. Eine Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) zeigt nun: In der deutschen Medienberichterstattung zu wissenschaftlichen Risikothemen sind Wissenschaftlerinnen unterrepräsentiert. Nur 18 Prozent der zitierten Fachleute waren Frauen – obwohl ihr Anteil in den untersuchten Forschungsfeldern bei rund 31 Prozent liegt.
Hinweise auf eine direkte Diskriminierung durch journalistische Selektionsroutinen fand die kürzlich in der Fachzeitschrift Public Understanding of Science veröffentlichte Untersuchung allerdings nicht. Entscheidend für die mediale Sichtbarkeit seien stattdessen die hierarchische Stellung, die Produktivität und der Forschungseinfluss. Da Frauen in der Wissenschaft seltener Spitzenpositionen besetzen und geringere Publikations- und Reputationswerte erzielen, schlägt sich dies auch in der Berichterstattung nieder.
Journalismus spiegelt akademische Hierarchien wider
„Unsere Studie legt nahe, dass die Unterrepräsentation von Wissenschaftlerinnen kein Mediensexismus ist, sondern strukturelle Ungleichheiten im ‚System Wissenschaft‘ widerspiegelt“, sagt Dr. Melanie Leidecker-Sandmann vom Department für Wissenschaftskommunikation am Institut für Technikzukünfte des KIT. „Journalismus scheint diese Ungleichheiten nicht aktiv zu befördern, allerdings trägt er auch nicht dazu bei, sie abzumildern.“
Die Studie stützt sich auf die inhaltliche Auswertung von 4 860 Artikeln in vier deutschen Leitmedien im Zeitraum 1995 bis 2020 zu acht wissenschaftsbezogenen Risikothemen wie Ebola, Glyphosat und COVID-19. Hierbei wurden rund 1 800 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erfasst, deren Geschlecht, Position und Aussagearten systematisch codiert wurden. Ergänzend flossen bibliometrische Daten wie Publikationsleistung und h-Index ein.
jha, 08.10.2025