Gefühlte Sicherheit – erlebte Unsicherheit: Frauen in Münchens ÖPNV
Nachts lieber ins Taxi steigen als in die Straßenbahn oder Fahrten allein möglichst vermeiden: Dieses Gefühl von Unsicherheit kennen viele Frauen. Forscherinnen des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben untersucht, wie mehrfach marginalisierte Frauen – in Bezug auf Geschlecht, Rassifizierung, Ethnie, Religion und sexuelle Orientierung – Sicherheit und Unsicherheit im Münchner ÖPNV erleben. Die Ergebnisse zeigen: Viele der Befragten berichten von Belästigung, Gewalt und Angst im ÖPNV, geben aber dennoch an, sich relativ sicher zu fühlen. Diesen Widerspruch erklären die Forscherinnen mit der Normalisierung von Gewalterfahrungen, die für marginalisierte Frauen im ÖPNV alltäglich sind.
Inklusive Sicherheitsstrategien als Lösung
„Um mit dem eigenen Unsicherheitsgefühl umzugehen, entwickeln viele Strategien zur Risikominimierung – etwa das Meiden bestimmter Linien oder Fahrzeiten“, sagt Tenure-Track-Professorin Franziska Meinherz, Leiterin der Arbeitsgruppe Stadt- und Mobilitätsgeographie am Institut für Geographie und Geoökologie (IfGG) des KIT. „Diese Einschränkungen reduzieren ihre Bewegungsfreiheit und stellen eine psychische Belastung dar, die auch als ‚Sicherheitsarbeit‘ bezeichnet wird.“
Die Forscherinnen untersuchten zum einen, wie intersektionale Marginalisierungen die Erfahrungen von Frauen mit Sicherheit im öffentlichen Nahverkehr prägen, und zum anderen wie sich ihre intersektionalen Identitäten auf ihr Mobilitätsverhalten auswirken. Die qualitative Studie mit zwölf Probandinnen umfasste zweiwöchige Mobilitätstagebücher, begleitende Beobachtungssitzungen sowie abschließende Interviews.
„Der öffentliche Nahverkehr ist für mehrfach marginalisierte Frauen nicht nur ein Transportmittel, sondern ein Raum, in dem soziale Ungleichheiten reproduziert werden“, so Esma Geliş, Doktorandin am IfGG. Die Forscherinnen sprechen sich für einen präventiven Vision-Zero-Ansatz sowie eine inklusivere Mobilitätspolitik aus, bei denen gleichberechtigte und angenehme Mobilitätserfahrungen im Vordergrund stehen.
lkr, 18.09.2025