200 Jahre Pioniergeist: Wie Otto Lehmann die Grundlage für moderne Displays schuf
Otto Lehmann erforschte am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) die „lebenden Kristalle“ und legte damit den Grundstein für moderne Displays. Als Lehmann 1889 den Physiklehrstuhl am damaligen Polytechnikum Karlsruhe übernahm, ahnte niemand, dass seine Forschung einmal in fast jeder Hosentasche landen würde. Der Nachfolger von Heinrich Hertz war ein Tüftler mit Visionen – und einem Faible für das Unsichtbare.
Eine Idee ist ihrer Zeit voraus
Mit einem selbst entwickelten Mikroskop, das über eine eigene Lichtquelle und einen beheizbaren Probentisch verfügte, beobachtete Lehmann das Verhalten chemischer Substanzen beim Schmelzen und Erstarren. Dabei stieß er auf etwas völlig Neues: Materialzustände, die sich weder wie Flüssigkeiten noch wie feste Kristalle verhielten – sondern wie beides zugleich.
Lehmann nannte sie „scheinbar lebende Kristalle“. Heute kennen wir sie als flüssige Kristalle – die Grundlage für LCDs, also Flüssigkristallanzeigen, wie sie in Flachbildschirmen, Tablets und Smartphones verwendet werden. Seine bahnbrechenden Erkenntnisse veröffentlichte Lehmann 1904 in dem Buch Flüssige Kristalle. Doch seine Zeitgenossen taten ihn als Sonderling ab. Ein Karlsruher Kollege lästerte, Lehmann sei „furchtbar einseitig nach den flüssigen Kristallen orientiert“. Die wissenschaftliche Welt ignorierte ihn – und seine Entdeckung geriet für Jahrzehnte in Vergessenheit.
Vom Außenseiter zum Pionier
Erst in den 1970er-Jahren, als die ersten LCDs entwickelt wurden, erinnerte man sich an den Karlsruher Pionier. Heute steht in jedem Flüssigkristalllabor ein Mikroskop nach Lehmanns Bauart und sein Name ist längst rehabilitiert – als Begründer einer Technologie, die unsere digitale Welt sichtbar macht.
mex, 30.07.2025
Über 200 Seiten Durchblick
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