200 Jahre Pioniergeist: Saubere Luft am KIT
In den 1980er-Jahren wandelte sich die Karlsruher Forschungslandschaft tiefgreifend. Als Ende 1981 der erste eigenständig konstruierte deutsche Forschungsreaktor FR2 stillgelegt wurde, war dies der Beginn einer neuen Ära. Das Kernforschungszentrum, eine Vorgängereinrichtung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), musste nach dem Ende des Atombooms neue Betätigungsfelder suchen und fand sie auf dem Gebiet der Umweltforschung. Diese Entwicklung mündete 1995 in der Umbenennung in „Forschungszentrum Karlsruhe – Technik und Umwelt“.
Lösung für drängende Umweltfragen: Die Geburt von TAMARA
Obwohl es keinen direkten Zusammenhang zwischen der Umweltforschung und der Kernforschung gab, profitierten die neuen Projekte von der reichlich vorhandenen Erfahrung im Forschungszentrum – besonders vom Bau und Betrieb großer Pilotanlagen. Einer der Grundpfeiler der Karlsruher Umweltforschung war ab den frühen 90ern die Thermische Abfallbehandlungsanlage mit Abgasreinigung und Abwasserbehandlung, kurz TAMARA. „Wir wollten neue Methoden für die Müllverbrennung erforschen“, erklärt Helmut Seifert, der damalige Leiter des Bereichs Thermische Abfallbehandlung am Institut für Technische Chemie des Forschungszentrums.
Das Problem war drängend, denn in den 80er-Jahren galten Müllverbrennungsanlagen als Symbol für Umweltzerstörung, da sie giftige und umweltschädliche Dioxine ausstießen. Es gab heftige Proteste gegen die Wegwerf-Gesellschaft und die „Dioxin-Schleudern“ am Stadtrand. Die in Karlsruhe entwickelte Lösung TAMARA verbrannte Abfälle bei hohen Temperaturen bis über 900 Grad – und regulierte den Zustrom der Verbrennungsluft sowie das Ableiten der Verbrennungsgase besser, was den Ausstoß von Schadstoffen stark verringerte.
Innovationen und Weiterentwicklungen für die nachhaltige Reduzierung von Schadstoffen
Ergänzt wurde TAMARA durch weitere Pilotanlagen zur Verbrennung von Sonderabfällen und Hausmüll in Kraftwerken wie BRENDA (Brennkammer mit Dampfkesselanlage). Darüber hinaus entwickelten die Forschenden neue Filter und Katalysatoren. TAMARA wurde über einen Zeitraum von etwa 20 Jahren betrieben und diente bis in die 2010er-Jahre als Forschungsplattform für die thermische Abfallbehandlung.
Die Forschungsergebnisse aus TAMARA helfen auch heute noch bei der Behandlung von industriellen Abfällen, zum Beispiel zur Reduzierung von Schadstoffen wie Stickoxiden, Dioxinen oder sogenannten Ewigkeits-Chemikalien (PFAS). Die Emissionen giftiger Schadstoffe aus der Müllverbrennung sind seit 1990 drastisch zurückgegangen. Nach Zahlen des Bundesumweltministeriums ist die gesamte Dioxin-Emission aus allen Müllverbrennungsanlagen in Deutschland bis 2005 auf etwa ein Tausendstel des ursprünglichen Wertes gesunken.
mex, 30.09.2025
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Karlsruher Institut für Technologie (KIT): 1825-2025 – die ersten 200 Jahre.