Evolutionsforschung: Jugend beeinflusst Erwachsenenleben von Steinfliegen
Die Metamorphose führt bei Insekten meist zu völlig verschieden aussehenden Larven- und Erwachsenenstadien: Schmetterlinge unterscheiden sich etwa deutlich von ihren Jungstadien, den Raupen. Dies ermöglicht eine Anpassung an unterschiedliche Lebensräume. Ein Forschungsteam unter Federführung der Universität Bonn widerlegte nun diese gängige These der Evolutionsforschung bei Steinfliegen, indem es zahlreiche Insekten an Teilchenbeschleunigern untersuchte – die meisten davon an den Experimentierstationen des Instituts für Photonenforschung und Synchrotronstrahlung (IPS), die an an der KIT Light Source angesiedelt sind.
„Mithilfe unserer Hochdurchsatz-Röntgenbildgebung können wir schnelle 3-D-Scans im Minutentakt durchführen und auch kleinste Details der winzigen Insekten sichtbar machen“, sagt Thomas van de Kamp vom IPS des KIT. „Auf Grundlage der 3-D-Daten konnten dann die genaue Form der Köpfe und Mundwerkzeuge charakterisiert und mit Daten zu Fressverhalten und Habitatnutzung aus fast 1 000 wissenschaftlichen Publikationen verglichen werden“, erklärt van de Kamp.
Dabei zeigte sich, dass die Kopfform der erwachsenen Steinfliegen stark durch die Larven beeinflusst wird. Das bedeutet, dass der Wechsel vom Larven- zum Erwachsenenstadium bei Steinfliegen nicht mit einer ausgeprägten Entkopplung der beiden Stadien einhergeht und die Lebensweise der Jungtiere grundsätzlich das Aussehen der erwachsenen Tiere bestimmt. Laut den Forschenden zeigt die Studie erstmals, wie stark aufeinanderfolgende Lebensstadien bei Insekten ohne Puppenstadium gekoppelt sind.
swi, 17.06.2021