Presseinformation 095/2015

Klimaforscher warnen vor Folgen der Luftverschmutzung in Westafrika

Ausstoß von Schadstoffen über Megacities könnte sich auf regionalen Klimawandel auswirken – verbesserte Klimamodelle für genaueres Verständnis der Prozesse erforderlich
Straßenszene in der 5-Millionen-Metropole Abidjan, Elfenbeinküste (Foto: Sekou Keita)
Straßenszene in der 5-Millionen-Metropole Abidjan, Elfenbeinküste (Foto: Sekou Keita)

Westafrika gehört zu den Regionen mit dem schnellsten Bevölkerungswachstum der Welt: 340 Millionen Menschen leben dort, mehr als 800 Millionen werden es Mitte des Jahrhunderts sein. Mit Industrialisierung und Urbanisierung nimmt auch der Ausstoß an Spurengasen und Partikeln rapide zu. Vor den Risiken der Luftverschmutzung über den Städten Westafrikas warnt nun ein internationales Wissenschaftlerteam um Peter Knippertz vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Auswirken könnte sie sich unter anderem auf das regionale Klima. Für ein besseres Verständnis der Prozesse sei intensivere Forschung dringend erforderlich. Ihre Studie stellen die Wissenschaftler nun in Nature Climate Change vor.

 

Die Atmosphäre über Westafrika sei – trotz ihrer zentralen Rolle für die Gesundheit und die wirtschaftliche Entwicklung – noch zu wenig untersucht und verstanden, so die Studie. Die Erfahrungen aus anderen dicht besiedelten Regionen der Welt wie Indien oder China zeigten jedoch, dass auch für Westafrika ein besseres Verständnis der Zusammenhänge zwischen Luftverschmutzung, Klima und regionalen Auswirkungen des weltweiten Klimawandels erforderlich sei.

 

Das Klima Westafrikas wird wesentlich von einem empfindlichen Monsunsystem bestimmt, das Wind, Temperatur, Wolken- und vor allem Niederschlagsbildung beeinflusst. Schnell wachsende Städte wie Lagos in Nigeria, Accra in Ghana und Abidjan in der Elfenbeinküste produzieren große Mengen schädlicher Aerosole. „Die Zunahme dieser kleinsten Partikel in der Atmosphäre kann sich unter anderem auf Wolkenbildung und Sonneneinstrahlung auswirken – und damit auch Veränderungen bei Niederschlägen und Temperatur zur Folge haben“, sagt Klimaforscher Professor Peter Knippertz vom KIT. Gemeinsam mit Kollegen aus Großbritannien und Frankreich warnt er davor, dass die Gesundheit der Bevölkerung, die Ernährungssicherheit und das Klima der Region gefährdet seien. Für ein besseres Verständnis der Schlüsselprozesse seien aber bessere Beobachtungen sowie verlässlicherere Wetter- und Klimamodelle erforderlich, so die Wissenschaftler in ihrer Studie. Nicht zuletzt müsse auch die Beratung politischer Entscheidungsträger auf wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen basieren.

 

„Um abschätzen zu können, welchen Anteil die Luftverschmutzung – neben dem weltweiten Klimawandel und der veränderten Landnutzung durch zunehmende Landwirtschaft – an der regionalen Klimaänderung hat, müssen wird weitere Daten zur Atmosphäre über Westafrika sammeln“, so Knippertz. „Dazu brauchen wir sowohl kontinuierliche Beobachtungen vor Ort als auch Messkampagnen mit Hightech-Instrumenten wie Laser und Radar.“ Eine solche Messkampagne wird im kommenden Jahr als Teil des von der Europäischen Union finanzierten Forschungsprojekts DACCIWA (steht für Dynamics-aerosol-chemistry-cloud interactions in West Africa) stattfinden, das Peter Knippertz leitet und das den Hintergrund für die aktuelle Studie bildet.

 

Gemeinsam mit seinem Kollegen Andreas Fink vom KIT untersucht Peter Knippertz insbesondere die Bewölkung über dem südlichen Westafrika. In dieser Region sind sowohl Bevölkerungszuwachs als auch landwirtschafltiche Produktion besonders hoch. „Gerade die für Westafrika typischen niedrigen Schichtwolken, auch Stratus genannt, stehen im Verdacht empfindlich auf Aerosolpartikel zu reagieren. Viele Partikel erzeugen mehr und kleinere Wolkentröpfchen, Dies hat einen Einfluss darauf, wie die Wolken die Sonneneinstrahlung reflektieren und Niederschlag bilden“, erläutert Knippertz. Diese Wolken seien in den meisten Klimamodellen allerdings noch nicht ausreichend wiedergegeben, die Auswirkungen auf den Gesamtmonsun damit noch nicht geklärt – auch hier bestehe noch Forschungsbedarf.

 

Literatur:

Peter Knippertz, Mat J. Evans, Paul R. Field, Andreas H. Fink, Catherine Liousse and John Marsham (2015): The possible role of local air pollution in climate change in West Africa. Nature Climate Change, DOI: 10.1038/nclimate2727

http://nature.com/articles/doi:10.1038/nclimate2727

 

Mehr über das Projekt DACCIWA

Auf der Grundlage von Messungen der Luftqualität und meteorologischen Messungen in Westafrika sowie verschiedener Computersimulationen untersucht das Projekt die Zusammenhänge von Luftqualität, Wetter und Klima. DACCIWA ist eine Zusammenarbeit von 16 wissenschaftlichen Einrichtungen in Europa und Afrika, neben dem Karlsruher Institut für Technologie sind dies: das Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS), Frankreich; das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR); die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETHZ), Schweiz; das European Centre for Medium-Range Weather Forecasts (ECMWF), Großbritannien; die Kwame Nkrumah University of Science and Technology (KNUST), Ghana; das Met Office, Großbritannien; die Obafemi Awolowo University, Nigeria; die University of Manchester und die University of Reading, beide Großbritannien; die Université Blaise Pascal Clermont-Ferrand II, die Université Paris Diderot, die Université Paul Sabatier Toulouse III., die Université Pierre et Marie Curie, alle Frankreich; die University of Leeds sowie die University of York, beide Großbritannien.

Weitere Informationen: http://www.dacciwa.eu

 

Details zum KIT-Zentraum Klima und Umwelt: http://www.klima-umwelt.kit.edu

 

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 300 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

le, 21.08.2015
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