Wissenschaftspreis der Hector Stiftung geht an Physiker des KIT

Wolfgang Wernsdorfer erhält 150 000 Euro Preisgeld für seine Beiträge zum Quantencomputing
Hans-Werner Hector und Josephine Hector sowie Wolfgang Wernsdorfer vom KIT. (Bild: Marco Schilling)
Die Gründer der Stiftung, das Ehepaar Hans-Werner Hector und Josephine Hector, gratulieren dem diesjährigen Preisträger Wolfgang Wernsdorfer vom KIT. (Foto: Marco Schilling)
Wolfgang Wernsdorfer vom KIT forscht an möglichen Bausteinen kommender Quantencomputer. (Foto: Marco Schilling)
Wolfgang Wernsdorfer vom KIT forscht an möglichen Bausteinen kommender Quantencomputer. (Foto: Marco Schilling)

Professor Wolfgang Wernsdorfer vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) erhält in diesem Jahr den mit 150 000 Euro dotierten Wissenschaftspreis der Hector Stiftung. Die Jury würdigt damit die herausragenden Leistungen des 53-jährigen Physikers bei der Entwicklung von Quantencomputern. Mit seiner Grundlagenforschung zu Nanomagneten und elektronischen Schaltkreisen gilt er als Pionier dieser Zukunftstechnologie, die eines Tages die Rechenleistung von heutigen Computern weit übertreffen soll. Wernsdorfer wird zudem als Mitglied in die Hector Fellow Academy aufgenommen. „Wolfgang Wernsdorfer zählt zu den herausragenden Forschungspersönlichkeiten am KIT und setzt national wie international Maßstäbe auf seinem Feld“, würdigt der Präsident des KIT, Professor Holger Hanselka, den aktuellen Preisträger. „Ich und das ganze KIT freuen uns mit ihm über diese Auszeichnung und wir gratulieren ihm herzlich zu diesem Erfolg!“

Wolfgang Wernsdorfer gehört zu den weltweit führenden Experten für Nanomagnetismus und Einzelmolekülmagnete und deren Einsatz in Quantenrechnersystemen. Im Mittelpunkt seiner Forschung steht die molekulare Quanten-Spintronik, ein Gebiet der experimentellen Festkörperphysik an der Schnittstelle zur Chemie und zur Materialwissenschaft. Mit seiner Forschungsgruppe entwickelt Wolfgang Wernsdorfer schnelle und zuverlässige Methoden, um magnetische Spinzustände einzelner magnetischer Moleküle auszulesen. Damit schaffen er und sein Team wesentliche Voraussetzungen für künftige Quantentechnologien. So fand Wernsdorfer mit bahnbrechenden Experimenten heraus, wie sich molekulare Magnete unter den Gesetzen der Quantenmechanik verhalten. Wernsdorfers Gruppe war die Erste, die Quanten-Spin-Zustände in einem Molekül messen und kontrollieren konnte.

Quantenphysikalische Effekte machen zahlreiche neue Anwendungen in den verschiedensten Bereichen möglich – bei gleichzeitig wesentlich verbesserter Kapazität, Sensitivität und Geschwindigkeit. Prominentes Beispiel ist die Informationsverarbeitung: Anders als klassische Computer, die mit Bits arbeiten, die immer den Wert Null oder Eins annehmen, nutzen Quantencomputer als kleinste Recheneinheit Quantenbits, kurz Qubits, bei denen es auch Werte zwischen Null und Eins gibt. Durch Verschränkung von Qubits untereinander entstehen gemischte Quantenzustände, die es ermöglichen, viele Rechenschritte parallel auszuführen. Wolfgang Wernsdorfer entdeckte bei speziellen Molekülen magnetische Eigenschaften, die sich für den Einsatz in Quantencomputern eignen. Er entwickelte schon während seiner Doktorarbeit in den 1990er-Jahren ein Gerät, mit dem er die magnetischen Eigenschaften dieser Nanomagnete um ein Vielfaches genauer messen konnte als mit jedem kommerziellen Magnetometer. Später gelang es ihm, die ersten molekularen Schaltkreise herzustellen, um das System zu stabilisieren.

Wolfgang Wernsdorfer – zur Person

Wolfgang Wernsdorfer, Jahrgang 1966, ist seit 2016 Humboldt-Professor am KIT. Mit diesem Preis zeichnet die Alexander von Humboldt-Stiftung weltweit führende und bisher im Ausland tätige Wissenschaftler aus. Die Humboldt-Professur ist Deutschlands höchstdotierter Forschungspreis mit internationaler Ausrichtung. Am KIT baut Wernsdorfer ein einzigartiges Zentrum für molekulare Quantenspintronik auf. Zuvor war er seit 2008 Directeur de recherche première classe im Institut NÉEL des Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) in Grenoble, Frankreich. Bereits seit 1996 war Wernsdorfer wissenschaftlicher Mitarbeiter am Laboratoire de Magnétisme in Grenoble, Frankreich – einem der Institute, aus denen 2007 das Institut Néel hervorging. Sein Physikstudium begann er nach einer Ausbildung zum Elektriker und dem Besuch der Berufsoberschule schließlich an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und beendete es an der angesehenen École Normale Supérieure in Lyon, Frankreich.

Zu Wernsdorfers zahlreichen hochrangingen Auszeichnungen zählen außerdem der Agilent Europhysics Prize, der Olivier Kahn International Award, der Prix Spécial der Société Française de Physique, der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2019 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie bereits zwei der begehrten ERC Advanced Grants des Europäischen Forschungsrats.

Hector Stiftung

Ziel der Hector Stiftung ist es – mit der 2013 gegründeten „Hector Fellow Academy“ –, den interdisziplinären Austausch sowie mögliche Forschungskooperationen zwischen den Hector Fellows zu fördern und Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern die Möglichkeit zu bieten, unter der Betreuung eines Hector Fellows als Doktorand oder Doktorandin entweder ein ausgeschriebenes Projekt oder eine eigene Forschungsidee zu bearbeiten.

kes, 04.02.2020