Presseinformation 174/2012

Chancen der Nutzung von Geothermie in städtischen Ballungsräumen

Workshop mit EU-Kommissar Oettinger in Brüssel zeigt hohes Potenzial
Tiefe Geothermie: das Kraftwerk in Soultz-sous-Forêts im Elsass (Bild: G.E.I.E.)
Tiefe Geothermie: das Kraftwerk in Soultz-sous-Forêts im Elsass (Bild: G.E.I.E.)

Auf Initiative der EU-Kommission hat heute ein Workshop zur zukünftigen Rolle der Geothermie in Europas Wärmeversorgung stattgefunden. An der Veranstaltung „Future Utilization of Geothermal Energy in Urban Areas”, bei der es um geothermische Strom- und Wärmeproduktion in urbanen Räumen ging, nahm auch EU-Kommissar Günther H. Oettinger als Redner teil. Ausrichter waren das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und das Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, beides Mitglieder der Helmholtz-Gemeinschaft.

 

„Urbane Ballungsräume sind Brennpunkte des Energieverbrauchs. In Deutschland allein gehen über 60 Prozent des Energieverbrauchs in die Wärmeversorgung. Der überwiegende Anteil davon stammt aus fossilen Brennstoffen. Das geothermische Potenzial in der Tiefe deckt ein Vielfaches dieses Bedarfes ab“, erklärte Prof. Dr. Jürgen Mlynek, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren. „Die Wärmeversorgung der Bundeshauptstadt beispielsweise beruht zu über 98 Prozent auf fossilen Energieträgern. Geothermie aus tiefen Quellen kann hier Abhilfe schaffen. Die Helmholtz-Gemeinschaft hat ein umfangreiches Forschungsprogramm zur Tiefen Geothermie aufgesetzt, an dem ausgewiesene Experten der Helmholtz-Zentren in Potsdam und Karlsruhe, unterstützt durch das Helmholtz-Zentrum in Leipzig (UFZ), Lösungen für die Nutzbarkeit geothermischer Ressourcen entwickeln“, führte Mlynek weiter aus.

 

Tatsächlich ist die Geothermie eine Option erneuerbarer Energie mit enormem Potenzial: Der IPCC-Report 2011 weist aus, dass allein die obersten fünf Kilometer von Europas Erdkruste genug Energie enthalten, um Europa pro Jahr mit rund 4000 TWh Strom und 2000 TWh Wärme zu versorgen, was ungefähr dem Gesamtjahresverbrauch Europas entspricht. Da die Geothermie grundlastfähig, also nicht von den Schwankungen des Wetters abhängig ist, würde die Nutzung von fünf Prozent dieses Potenzials genügen, die Stromnetze bei einer Einspeisung von Wind- und Sonnenenergie zu stabilisieren. In Europa sind bereits zahlreiche geothermische Kraftwerke installiert oder aktuell in Planung, die pro Jahr aus Geothermie   86,1 TWh an Wärme und 14 TWh an Strom liefern können. Damit werden bereits heute mehrere Milliarden Liter Heizöl eingespart. Insbesondere in urbanen Räumen können fossil betriebene Heizungen durch Geothermie in eine versorgungssichere und CO2-arme Wärmeversorgung überführt werden. In Deutschland eignet sich vor allem der süddeutsche Raum (Rheingraben, Oberbayern) für die intensive Nutzung der Geothermie als grundlastfähige Energiequelle, zumal die große Entfernung zu den Windparks in Norddeutschland und den Solarparks in Südeuropa umfangreiche Stromtrassen und Speichertechnologien erforderlich machen.

 

So konzentrierten sich die Forschungsaktivitäten des KIT in stark bevölkerten und hoch industrialisierten Gebieten des oberen Rheingrabens mit Geothermieprojekten in Bruchsal, Landau, Insheim und im französischen Soultz-sous-Forêts, sagte KIT-Präsident Professor Eberhard Umbach in einer Videobotschaft. „KIT-Wissenschaftler arbeiten an Lösungen für eine umweltverträgliche und sichere Nutzung der Geothermie, die auch die Bedürfnisse und Interessen der Bevölkerung miteinschließt.“ So habe beispielsweise das Landesforschungzentrum Geothermie – eine Einrichtung des Landes Baden-Württemberg am KIT – vor allem auch die Sicherheit geothermischer Anlagen im Blick, betonte Umbach. Neben der Forschung sei es ebenso wichtig, die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses zu fördern, dies auch in enger Zusammenarbeit mit Partnern aus der Industrie.

 

Die Helmholtz-Geothermieforschung steht im Einklang mit dem „Programm zur Geothermischen Energie“ („Joint Programme Geothermal Energy“) der europäischen Energieforschungsallianz EERA. Dort haben sich unter Leitung des GFZ 25 europäische Forschungsinstitute aus elf Ländern zusammengeschlossen, um gemeinsam an der Entwicklung kosteneffizienter Technologien für die nachhaltige Nutzung und den Ausbau der geothermischen Energie zu arbeiten. Kurzfristig zielt dieses Programm auf eine Zunahme der geothermisch erzeugten Elektrizität aus konventionellen Geothermiekraftwerken zwischen zwei und zehn Gigawatt. Obwohl sich hierfür besonders vulkanische Gebiete wie in Island eignen, lassen sich Geothermiesysteme ebenfalls in Gebieten mit geringerer thermischer Energie zum Beispiel als so genannte „Enhanced Geothermal Systems“ (EGS) nutzen. Diese Systeme werden in internationalen Kooperationen am KIT und GFZ erforscht, um standortunabhängig auch in urbanen Regionen wahlweise die Wärme- oder die Strom- und Wärmeversorgung im Grundlastbereich ergänzen zu können. Damit lässt sich der Verbrauch fossiler Energieträger in  Ballungszentren nachhaltig reduzieren.

 

In der Energieforschung ist das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) eine der europaweit führenden Einrichtungen. Das KIT unterstützt die Energiewende und den Umbau des Energiesystems in Deutschland durch seine Aktivitäten in Forschung, Lehre und Innovation. Hier verbindet das KIT exzellente technik- und naturwissenschaftliche Kompetenzen mit wirtschafts-, geistes- und sozialwissenschaftlichem sowie rechtswissenschaftlichem Fachwissen. Die Arbeit des KIT-Zentrums Energie gliedert sich in sieben Topics: Energieumwandlung, erneuerbare Energien, Energiespeicherung und Energieverteilung, effiziente Energienutzung, Fusionstechnologie, Kernenergie und Sicherheit sowie Energiesystemanalyse. Klare Prioritäten liegen in den Bereichen Energieeffizienz und erneuerbare Energien, Energiespeicher und Netze, Elektromobilität sowie dem Ausbau der internationalen Forschungszusammenarbeit.

 

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 300 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

lg, 15.11.2012
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