Energiewende: Wissenschaft hilft Entscheidern - aber sie entscheidet nicht

Um die Rolle der Wissenschaft bei der Energiewende drehte sich eine Podiumsdiskussion am Mittwoch bei der Konferenz "Energy Systems in Transition" im ZKM. Wichtig sei ein interdisziplinärer Ansatz, sagte dabei der neue KIT-Präsident Holger Hanselka.

In der Runde, die Professor Ortwin Renn von der Universität Stuttgart moderierte, erklärte Hanselka, das KIT lege großen Wert darauf, Wissenschaftsgebiete zu vernetzen. Die Ingenieure könnten Werkzeuge bereitstellen und tauschten sich über deren Einsatz mit Natur- und Geisteswissenschaftlern aus: "So können wir zur Lösung mehrdimensionaler Fragen wie der Energiewende beitragen." Die Wissenschaft brauche dafür einen ordnungspolitischen Rahmen der Politik und der Bürger - gleichzeitig sei sie aber auch dazu da, Grenzen auszuloten und gegebenenfalls zu überschreiten: "Sie kann nicht nur kleine Schritte aufzeigen, sondern auch weiter reichende Möglichkeiten; nicht nur Evolutionen, auch Revolutionen."

Wissenschaft beschreibt Zukunftsoptionen

Für Professor Armin Grunwald, Leiter des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse am KIT, kann die Wissenschaft in der Energiewende Zukunftsoptionen darlegen - zum Beispiel in der Frage, ob die Energieversorgung zentral oder dezentral organisiert sein soll -, den Meinungsbildungsprozess darüber aber sollte die Politik vorantreiben und den Dialog auch mit den Bürgern suchen. Das Mandat der Wissenschaft ende bei der Gewichtung von Kriterien, nach denen sie Zukunftsoptionen bewertet, sagte der Sprecher der Helmholtz-Allianz Energy-Trans, die die Konferenz veranstaltet: "Die Wissenschaft kann nicht den richtigen Weg in der Energiewende weisen, das ist eine gemeinsame Aufgabe, an der auch die Bürger beteiligt sind."

Die Erwartungen an die Wissenschaft aus Sicht der Politik erläuterte Dr. Georg Schütte, Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung. Sie solle in der Energiewende Impulsgeber sein, "das System aber in seiner Komplexität wahrnehmen". Sie müsse Handlungsoptionen aufzeigen, die dann in und mit der Politik verhandelt würden. Dafür schaffe die Politik Strukturen, die der Wissenschaft Freiräume ließen.

Wichtig sei Transdisziplinarität, entgegnete Professorin Gesine Schwan. Für die Präsidentin der Humboldt-Viadrina School of Governnance gehört dazu, praktisches Erfahrungswissen in Entscheidungsprozesse einzubeziehen: Eine ständige Kommunikation von Wissenschaft und Politik mit der "mündigen Zivilgesellschaft" sei vonnöten.

KIT setzt in der Energieforschung auf Zukunftsthemen

In der offenen Diskussion mit den rund 150 Zuhörerinnen und Zuhörern kam auch die Frage zur Sprache, inwieweit das KIT Mittel für die Atomforschung einsetze und damit gegen die Energiewende arbeite. Nach wie vor gebe es Atomkraftwerke, sagte KIT-Präsident Hanselka, "da ist Know-how zu Themen wie Sicherheit, Rückbau oder Entsorgung nötig". Zugleich sei er angetreten, um Ressourcen in der Energieforschung verstärkt in Zukunftsthemen zu setzen: "Da werden wir uns von alten Aufgaben verabschieden." Die Nuklearforschung einfach abzuschalten, sei nicht sinnvoll, sagte Georg Schütte, der dem KIT-Aufsichtsrat angehört. Deutschland brauche diese Expertise, "die Energiewende ist dafür aber der Rahmen."

ele, 10.10.13