KIT-Konzertchor präsentiert "Canto General" von Theodorakis

Der selten aufgeführte "Große Gesang" nach Texten von Pablo Neruda erklingt am Sonntag, 20. Juni, im Gerthsen-Hörsaal.
Die brasilianische Solistin Viviane de Varias

Am Sonntagabend ist es nach zweisemestriger Probenarbeit um 20 Uhr so weit: Der KIT-Konzertchor führt im Gerthsen-Hörsaal (Engesserstr. 9, Geb. 30.21) am Campus Süd ein mitreißendes Werk auf: Canto General – zu deutsch Großer Gesang –, komponiert von Mikis Theodorakis. Darin vertonte er Texte aus dem gleichnamigen, umfangreichen Gedichtzyklus von Pablo Neruda.

Das Konzertprojekt ist eine Zusammenarbeit zwischen Karlsruher Hochschulen: Neben Vokalisten und Instrumentalisten aus dem KIT wirken das Schlagzeugensemble und weitere Musiker der Karlsruher Hochschule für Musik (HfM) mit. Das Lichtdesign im Konzertraum übernehmen Studierende der Karlsruher Hochschule für Gestaltung (HfG).

Die herausragende brasilianische Sängerin Viviane de Farias konnte als Solistin gewonnen werden. Ihre musikalische Vita zeichnet sich durch eine unglaubliche Bandbreite aus, die von Jazz und Bossa Nova, über klassische Musik, bis zur zeitgenössischen E-Musik und Eigenkompositionen reicht. Den männlichen Solopart übernimmt Thomas Herberich, dessen Repertoire nicht nur Alte Musik in historischer Aufführungspraxis und bedeutende Opernrollen umfasst, sondern der bereits reichhaltige Erfahrungen im Bereich zeitgenössischer Kompositionen gesammelt hat.

Die Karten kosten 17 Euro und 12 Euro für Mitglieder des Freundeskreis des KIT-Konzertchores, Sozialhilfeempfänger, Wehr- und Zivildienstleistende oder Behinderte sowie Schülerinnen, Schüler, Studentinnen und Studenten zahlen 5 Euro. Der Vorverkauf im Karlsruher Musikhaus Schlaile sowie bei der Stadtinformation hat begonnen. Karten können auch über die Webseite www.konzertchor.kit.edu erworben werden.

Kontakt:
Nikolaus Indlekofer
KIT Musikdirektor
Konzertchor|Kammerchor|Philharmonie
Campus Süd, Geb. 50.25, Raum 104
Adenauerring 8
Telefon: +49 721-608 5649
Mail: nikolaus.indlekofer∂kit.edu


tr, 17.06.2010

Ein selten aufgeführtes Konzert

Ein Gesang für die Freiheit und die Wiedergeburt durch die Liebe

Pablo NerudaDas 1950 in Mexiko erschienene, literarische Hauptwerk des chilenischen Dichters und Literaturnobelpreisträgers Pablo Neruda, der Canto General, entstand hauptsächlich Ende der 1940er Jahre. Zu dieser Zeit musste Neruda aufgrund politischer Verfolgung durch die Gonzalez Videla-Regierung mehrere Jahre im Exil leben. Das Oeuvre besteht aus 231 Gedichten, die in 15. Zyklen eingeteilt sind. Sein Umfang und Wesen verleihen dem Werk einen epischen Charakter.

Der Zyklus wird auch als "Bibel eines Kontinents" oder "Enzyklopädie des gesamten hispanoamerikanischen Subkontinents" bezeichnet: Der Autor spannt den Bogen von der Erschaffung Lateinamerikas, der Vielfalt seiner Flora und Fauna und der Entstehung des Menschen auf dem Kontinent über die Eroberung durch die Konquistadoren, der daraus entstandenen Armut und dem Leiden der lateinamerikanischen Völker bis hin zu den Befreiungskämpfen. Er spricht vom Leben und Tod, vom Blut der Entrechteten und mahnt zu einer Wiedergeburt durch die Liebe, die Hoffnung und die Freiheit.

Die kraftvolle Vertonung durch den 1925 geborenen Mikis Theodorakis verbindet griechische und lateinamerikanische Folklore wie die Gesänge der Inkas und die Lieder der Anden Mikis Theodorakisund Rhythmen der Tropen zu einer melodisch eingängigen und rhythmisch sehr temperamentvollen Komposition. Das "Oratorium" für einen großen Chor, großes Schlagzeugensemble, zwei Klaviere, drei Flöten, drei Gitarren, E-Bass und zwei Gesangsolisten entstand von 1970 bis 1981.

Nachdem Theodorakis Neruda bereits in den 1960ern in Paris kennengelernt hatte, folgte er in den 1970ern einer offiziellen Einladung des Dichters nach Chile. In Valparaíso hörte er eine Aufführung des Canto der Gruppe Aparcoa und entschloss sich daraufhin, das Werk selbst zu vertonen. 1974 lagen dann die ersten sieben Teile des Werkes vor, mit monumentaler und oratorienhafter Anmutung.

Zu diesem Zeitpunkt hatten die Texte Nerudas erschreckende Aktualität gewonnen: In Spanien dauerte die Gewaltherrschaft Francos an, in Griechenland wüteten die Obristen, in Chile wehrte sich die Unidad Popular verzweifelt gegen die rechtsnationalen Landsleute. 1976 fügte Theodorakis mit "Neruda Requiem Aeternam" dem Werk einen eigenen lateinisch-griechischen Text hinzu. Zwischen 1980 und 81, als Theodorakis freiwillig im Exil in Paris lebte, folgten fünf weitere choralartige Teile mit lyrischem Charakter.

Für 1973 war eine Tournee mit den bis dahin komponierten Teilen geplant, die durch verschiedene Länder Amerikas führen und bei der Neruda Gedichte aus seinem "Canto" vortragen sollte. Sechs Teile des Werkes wurden dann auch in Buenos Aires und Mexiko-Stadt aufgeführt, allerdings ohne Neruda, der zu diesem Zeitpunkt an Krebs erkrankt war. Am 11. September 1973 erfolgte der Pinochet-Putsch in Chile: Die Aufführung im Estadio Nacional de Chile musste abgesagt werden, Pablo Neruda starb am 23. September in Santiago de Chile.


tr, 17.06.201