planungsnetzwerk geo-innovation: Rückblick auf das 5. Symposium

Am 19. April fand zum fünften Mal das jährliche Symposium des Planungsnetzwerk geo-Innovation statt. Über 80 Fachleute aus den Bereichen der räumlichen Planung, Vermessung und Geoinformatik folgten der Einladung ins Karlsruher ZKM.
Prof. Bernd Streich, TU Kaiserslautern
Prof. Markus Neppl, KIT
Philipp Krass, berchtoldkrass space&options, Prof. Streich, Prof. Neppl (v.l.)
Frederik Ramm, geofabrik
Martin Berchtold, berchtoldkrass
Gunter Weigand, GIS-Kompetenzzentrum Stadt Zürich
Dietrich Bangert, Senatsverwaltung Berlin
Marco Maas, OpenDataCity
Philipp Krass, Till Nagel, FH Potsdam

Das Fachgebiet Stadtquartiersplanung am KIT hat das Netzwerk vor fünf Jahren ins Leben gerufen. Vertreter verschiedener Landesministerien, Regierungspräsidien, Stadtverwaltungen, Planungsverbände, Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Planungsbüros aus ganz Deutschland und der Schweiz trafen sich zum Austausch über aktuelle Fragestellungen der räumlichen Planung im Zusammenhang mit dem Einsatz Geografischer Informationssysteme (GIS), der Bedeutung von Geodaten und der deren Zugänglichkeit (Stichwort Open Data) und den Bedürfnissen und Möglichkeiten von vernetzten Informations- und Managementstrukturen in öffentlichen Verwaltungen.

Die Veranstaltung stand in diesem Jahr unter dem Rahmenthema "MEHR DATEN? VERNETZTE SYSTEME? BESSERE PLANUNG?". Neben hoheitlichen oder proprietären Erhebungen und den Aktivitäten freier Online- und Netzwerk-Projekte generieren mittlerweile auch erhebliche Anteile unserer Alltagshandlungen (Wege, Telefonate, Internetaktivität...) digitale Datenmengen aller Art. Zunehmend werden Forderungen nach Öffnung und freier Bereitstellung des digitalen Rohmaterials in die Tat umgesetzt.

Auch die vielfältigen Neuerungen im Bereich der Datenerfassung und -verarbeitung, der Internet- und Sensortechnologien, der mobilen Kommunikation und Ortung sowie der Softwareentwicklung und Standardisierung und deren sukzessive Vernetzung bieten ein zunehmendes Potenzial an entscheidungsunterstützenden Nutzungsmöglichkeiten, von räumlichen Analyse- und Simulationsverfahren sowie mehrdimensionalen Visualisierungen bis hin zu neuen Kommunikations-, Interaktions- und Steuerungsformen. Vernetzte Informationssysteme können dabei planerische Arbeitsweisen und Methoden in erheblichem Maße verändern und Prozesse in Raum und Gesellschaft sichtbar machen.

Vor diesem Hintergrund beleuchteten die Referenten folgende Kernfragen: Welche Bilder, welche Muster, welche Geschichten – und welche Gefahren – entstehen in den Prozessen zwischen (neuen? offenen?) Daten und (neuen? vernetzten?) Systemen? Taugen die Erkenntnisse zur Verbesserung von Wahrnehmung und Raumverständnis, Analysen und planerischen Konzepten? Oder stellen sie doch eher „nur“ anregende, faszinierende Spielereien dar? Wo liegen die Innovationen für die planenden, entwerfenden, bildgebenden Disziplinen? Welche Forderungen nach Daten, Zugang und Verfügbarkeit, Technologien und Methoden lassen sich für die Planung ableiten?

Im ersten Vortragsblock thematisierte Professor Bernd Streich, Lehrstuhl Computergestützte Planungs- und Entwurfsmethoden in Raumplanung und Architektur an der TU Kaiserslautern, die künftigen Auswirkungen einer vernetzten Gesellschaft auf Inhalte und Methoden der Stadtplanung, aber auch auf deren Organisation und Institutionen. In zehn Thesen ging Streich auf die wesentlichen der aus seiner Sicht zu erwartenden Veränderungen ein, ergänzt um einige Bemerkungen zur künftigen "Rolle von Stadtplanern".

Professor Markus Neppl, FG Stadtquartiersplanung, KIT, zeigte hieran anknüpfend anhand eines konkreten Fallbeispiels aus einer ländlichen Gemeinde die Möglichkeiten der Informationsgewinnung und -aufbereitung aus bereits vorhandenen Daten. Die Ausführungen Neppls unterstrichen die von Streich vorausgesagten Erfordernisse auf die Planerausbildung und machten deutlich, dass auch bei allen Automatismen und digitalen Errungenschaften den analytischen und konzeptionellen Fähigkeiten des Planers nach wie vor ein hoher Stellenwert zukommt. Der Vortrag zeigte zudem, dass die Verfügbarkeit von digitalen Grundlagendaten auch in ländlichen Gemeinden schon eine hohe Qualität erreicht hat, jedoch in der tatsächlichen Anwendung auch in dieser Hinsicht eine wachsende Stadt-Land-Differenz zu erwarten ist.

Das große Thema des freien Zugangs zu Geodaten stellte Frederik Ramm, geofarbik, ins Zentrum seines Beitrags und zeigte dies anhand der beeindruckenden Entwicklung der freien Weltkarte OpenStreetMap, die durch einen enormen Anstieg der aktiven Nutzer in den letzten Jahren einen beachtlichen Qualitätssprung vollzogen hat. Darüber hinaus wurden zahlreiche Möglichkeiten der weiteren Verwendung der OpenStreetMap-Karten und -daten aufgezeigt und auch auf das neue Lizenzmodell eingegangen, auf bis Ende des Jahres umgestellt werden soll.

Martin Berchtold und Philipp Krass (berchtoldkrass space&options) spannten darauf aufbauend einen Bogen der vielfältigen Einsatzbereiche von Geodaten in der räumlichen Planung von der Generierung von Schwarzplänen aus OpenStreetMap-Daten, über die kleinräumige Visualisierung von Bevölkerungsdaten bis hin zu Sichtbarkeitsanalysen von Windkraftanlagen auf Basis von digitalen Geländemodellen.

Der dritte Vortragsblock behandelte das Thema vernetzter Informations- und Managementsysteme auf kommunaler Ebene. Dazu zeigte Gunter Weigand (Leiter GIS-Kompetenzzentrum Stadt Zürich) – live auf dem Server in Zürich – die eigens entwickelte GIS-Webapplikation mapManagement, die die Projektplanung innerhalb des Departements von der digitalen Projekteröffnung über geografische Projektinformationen bis hin zu Ressourcenplanung und -controlling ermöglicht.

Dietrich Bangert, Senatsverwaltung Berlin, berichtete über das ebenfalls in der Verwaltung entstandene "Planungsraumbezogene Informationssystem für Monitoring und Analyse – PRISMA", in dem auf Basis lebensweltlich orientierter Räume kleinräumige statistische Daten zur Verfügung gestellt werden, die das ämterübergreifende Planen und Handeln unterstützen.

Den letzten Block bestritten der Datenjournalist Marco Maas (OpenDataCity) und der Interactiondesigner und Wissenschaftler Till Nagel (FH Potsdam), die in ihren Vorträgen einen beeindruckenden Einblick in die gigantisch wachsenden, automatisiert und häufig im Verborgenen erhobenen Datenmengen und deren journalistische und wissenschaftliche Auswertungsmöglichkeiten gaben. So zeigte Maas neben "Twitter Livemaps" oder "Zugmonitor" anhand der Visualisierung von Nutzungsdaten, die von Telefongesellschaften erhoben und gespeichert werden, wie wir – oftmals unbewusst – in unserem Alltag zu Datenlieferanten werden und wie detailliert diese Daten Auskunft über uns und unser Verhalten geben.

Was eine Vernetzung und permanente Auswertung von Live-Daten zu unserem Nutzungsverhalten in Städten zu Tage fördern kann, ist Gegenstand des Forschungsprojekts Live Singapore! des MIT SENSable City Lab, von dem Till Nagel berichtete. In seinem Vortrag verdeutlichte Nagel zudem die Notwendigkeit aber auch die Möglichkeiten der Gestaltung von Daten und der Schnittstelle zwischen Datenbank und Nutzern.

Der traditionelle Apéro im Foyer des ZKM bei Bier und Wein bot zum Abschluss des Symposiums Zeit und Raum für interessante Gespräche und den fachlichen wie persönlichen Austausch.

Kontakt und weitere Informationen:
Planungsnetzwerk geo-Innovation
Ansprechpartner: Martin Berchtold, Philipp Krass
Tel.: 0721 608-46477
E-Mail
Web


07.05.2012