Der LHC ist aus dem Winterschlaf zurück

Größter Teilchenbeschleuniger der Welt, der LHC am CERN, wieder in Betrieb / Wissenschaftler aus Karlsruhe an einem großen Experimente maßgeblich beteiligt / Besonderes Augenmerk auf die Eigenschaften des Higgs-Bosons
LHC-Kollisionsereignis bei 13 TeV Schwerpunktenergie, aufgezeichnet mit dem CMS-Detektor. Dargestellt werden die Spuren der Teilchen, die bei der Kollision neu entstanden sind. (Bild: LHC, CERN)

Bereits im März hat der größte Teilchenbeschleuniger der Welt, der LHC am CERN, wieder seinen Betrieb nach der Winterpause aufgenommen. Seitdem ist viel passiert: Der gesamte Beschleunigerkomplex sowie die Experimente, die sich an verschiedenen Punkten des LHC-Ringes befinden, wurden in den vergangenen Wochen mit Protonen-Strahlen niedriger Intensität auf die Datennahme vorbereitet. Nun sind Beschleuniger und Detektoren bereit, riesige Mengen an Kollisionsereignissen bei einer Schwerpunktsenergie von 13 TeV aufzuzeichnen. Auf diesen Moment haben auch Forscher des KIT gewartet.

„Der LHC-Betrieb läuft extrem gut“, bestätigt CERN-Direktor für Beschleuniger und Technologie, Frédérick Bodry, in einer CERN-Pressemitteilung. 2016 habe man sehr ambitionierte Ziele und plane etwa sechsmal mehr Kollisionsereignisse bereitzustellen als im vergangenen Jahr. Mit den Ergebnissen dieser Datennahme versprechen sich Forscher aus aller Welt, darunter auch sehr prominent aus dem KIT, deutlich verbesserte Analysen des Higgs-Bosons und anderer Phänomene der Physik kleinster Teilchen sowie ein deutlich verbessertes Entdeckungspotential bei Suchen nach neuer, bisher unentdeckter Physik.

KIT mit größter Universitätsgruppe beteiligt

Das Higgs-Boson, dessen Entdeckung im Jahr 2012 den beiden Kollaborationen ATLAS und CMS gelang, komplettiert das Standardmodell der Teilchenphysik, eine Theorie, welche die aktuell beste Beschreibung der bekannten Elementarteilchen und ihrer Wechselwirkungen liefert. Mit den Datenmengen, die 2016 zu erwarten sind, wollen beide Kollaborationen dieses Teilchen im Detail untersuchen.

Trotz seines großen Erfolges kann das Standardmodell der Teilchenphysik allerdings nicht alle offenen Fragen beantworten, beispielsweise, warum in der Natur nur Materie sichtbar ist, während im Urknall Materie und Antimaterie zu gleichen Teilen erzeugt worden ist, und woraus die sogenannte Dunkle Materie besteht, die etwa ein Viertel des gesamten Universums ausmacht. Auch wurden in den bisherigen Daten einige exotische Phänomene gesichtet, die derzeit als statistische Fluktuation beschrieben werden können. Sollten aber mehr von ihnen in den kommenden Monaten erscheinen, kann man von einer wissenschaftlichen Sensation ausgehen.

Wissenschaftler aus Karlsruhe sind an einem der beiden großen Experimente, CMS, maßgeblich beteiligt. Mit etwa 100 Personen, darunter auch viele Studierende und Doktoranden, stellen sie die größte Universitätsgruppe überhaupt an dem Projekt. Sie haben Teile des Detektors gebaut, und untersuchen in enger Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Karlsruher Theorieinstitute die Vorgänge in den Kollisionen am CERN, mit besonderem Augenmerk auf die Eigenschaften des Higgs-Bosons.


CERN Presse; Prof. Dr. Thomas Müller; ae 31.05.2016