Urban Voids: Lücken in der Stadt neu codieren

Ein deutsch-koreanisches Kooperationsprojekt des KIT sucht in Karlsruhe und der Megacity Seoul nach funktionslosen Flächen, um ihnen einen neuen Sinn zu verleihen.
In Seoul ist die Bevölkerungsdichte mehr als fünf Mal so hoch wie in Hamburg – trotzdem gibt es auch hier noch „Urban Voids“ (Bild: Philipp Dechow / KIT).

Urban Voids, das sind alle Orte einer Stadt, die hinsichtlich ihrer Funktion und Ausgestaltung nicht abschließend festgelegt sind: Reserveflächen, Brachen, Abstandsflächen, Gebäudeleerstände, belastete oder ungenutzte Grundstücke. Ihnen allen gemein ist, dass sie im System Stadt keine konkrete Funktion erfüllen. Im Rahmen des deutsch-koreanischen Forschungsprojekts „Urban Voids“ suchen Wissenschaftler des KIT nun nach Möglichkeiten, diesen „Lücken in der Stadt“ einen neuen Sinn zu verleihen. Dabei konzentrieren sie ihre Suche exemplarisch auf zwei sehr unterschiedliche Orte: Karlsruhe und die Megacity Seoul

Urban Voids in Karlsruhe und Seoul


„In Karlsruhe – wie übrigens in vielen anderen deutschen Städten auch – finden wir tendenziell eher größere zusammenhängende Voids. So gibt es beispielsweise entlang vieler Einfallstraßen in Karlsruhe breite Streifen als ‚Abstandsgrün‘ mit Lärmschutzwall. Diese sind zwar nach bisheriger Einschätzung nicht nutzbar, nach einer Neubewertung erweisen sich viele von ihnen aber als Potenzialflächen für verschiedenste Nutzungen, sogar als mögliches Bauland für kleinere Wohnquartiere, sofern – was möglich ist – auf die Schallbelastung durch entsprechende bauliche Maßnahmen reagiert wird. In Karlsruhe konzentriert sich die Untersuchung daher darauf, größere, heute kaum beachtete oder als unnutzbar geltende Potenzialflächen zu identifizieren und Möglichkeiten der Nutzung durch Studien darzustellen“, erklärt Kerstin Gothe, die das Projekt zusammen mit Phillip Dechow am KIT leitet.


„Anders ist die Situation der Voids in Seoul. Hier sind die Restflächen meist sehr zerstückelt und kleinteilig, so dass sie sich nicht für größere zusammenhängende neue Nutzungen anbieten. Andererseits befinden sich die Voids in Seoul oftmals in Quartieren mit starken Defiziten hinsichtlich der Lebensqualität und der ökologischen Situation. Hier erweisen sich die Voids als eine Art Flächenreservoir, das zur ökologischen Erneuerung und zur Aufwertung des Quartiers eingesetzt werden kann“, erläutert Kerstin Gothe.

Seoul Living Lab im April 2016

Daher ist es ein Ziel der deutsch-koreanischen Kooperation, gemeinsam und mit den Erfahrungen aus Karlsruhe neue Konzepte und Strategien für den neuen Weg in Seoul zu entwickeln – mit besonderem Fokus auf die Lücken – die Voids der Stadt. Ein großer Meilenstein, der derzeit im Rahmen des Projekts geplant wird, ist das Seoul LivingLab, das im April 2016 veranstaltet wird.

Das Projekt „Urban Voids – Chancen für eine nachhaltige Stadtentwicklung“ ist eine Forschungkooperation zwischen KIT, SNU Seoul National University sowie dem ISA Internationalen Stadtbauatelier Stuttgart/Peking/Seoul. Gefördert wird das Projekt durch das BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung und das koreanische Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Technologie.


Ausführliche Informationen zum Projekt in der Pressemitteilung


ne/sps, 02.11.2015