Presseinformation 079/2019

Einfach, präzise, günstig: Neue Methode zur Erforschung des Grundwassers

Ingenieurgeologen des KIT entwickeln gemeinsam mit australischen Forschern ein neues Verfahren, um den (Zu-)Stand des Grundwassers und des Untergrundes zu quantifizieren
Gabriel Rau erfasst am Brunnen Daten über die Eigenschaften des Untergrunds. Die Erkenntnisse können die nachhaltige Nutzung von Grundwasserressourcen ermöglichen. (Foto: Ian Acworth)
Gabriel Rau erfasst am Brunnen Daten über die Eigenschaften des Untergrunds. Die Erkenntnisse können die nachhaltige Nutzung von Grundwasserressourcen ermöglichen. (Foto: Ian Acworth)

Wasser ist eine lebenswichtige Grundlage für Mensch und Umwelt. Eine der wichtigsten Quellen ist Grundwasser, das von Niederschlägen oder oberirdischen Gewässern erneuert wird. Bevölkerungswachstum sowie Landwirtschaft und Industrie beeinflussen stark die Menge und Qualität des Grundwassers. Um Grundwasserressourcen kostengünstiger, einfacher und flächendeckender als bisher untersuchen zu kann, haben Forscherinnen und Forscher des Karlsruhers Institut für Technologie (KIT) gemeinsam mit australischen Kollegen eine neue Methode entwickelt, die sie nun im Fachmagazin Reviews of Geophysics vorstellen.

 

Mehr als 70 Prozent des Trinkwassers stammen laut Umweltbundesamt allein in Deutschland aus Grundwasser. Weltweit nimmt die Gewinnung so rasant zu, dass die Grundwasserspiegel fallen, sich die Qualität verschlechtert und ganze Städte absinken. Dementsprechend wichtig ist es, die Untergrundeigenschaften zu erforschen um die Reserven nachhaltiger zu bewirtschaften.

 

„Derzeitige Testmethoden wie etwa der klassische Pumpversuch erfordern, dass Wasser aus speziell angelegten Brunnen aktiv abgepumpt und gleichzeitig der Wasserstand in nahegelegenen Brunnen beobachtet wird“ sagt Dr. Gabriel Rau vom Institut für Angewandte Geowissenschaften (AGW) des KIT. Hierfür müssten zwei bis drei Personen eine entsprechenden Pumpversuch einrichten und für einen längeren Zeitraum für Messungen betreuen. Dieses Verfahren ist äußerst kostspielig, kann je nach Untergrundeigenschaften von einigen Stunden bis zu mehreren Monaten dauern und das Ergebnis ist nur für den getesteten Standort gültig. „Unterirdische Grundwasserspeicher unterscheiden sich jedoch räumlich stark voneinander und es wäre viel zu teuer und umständlich, überall Förderbrunnen zu bauen.“

 

 

Gemeinsam mit den australischen Universitäten University of New South Wales (UNSW) in Sydney und der Deakin University in Melbourne hat das KIT nun eine neue Methode entwickelt. Diese wertet Informationen über die Gezeiteneinwirkung auf den Grundwasserspiegel aus. Ähnlich wie bei Ebbe und Flut im Ozean, verändern die Gezeiten auch den Grundwasserstand: So drückt die sich ändernde Gravitation beispielsweise poröse Gesteine im Untergrund zusammen und beeinflussen dadurch den Porendruck. Zusätzlich gibt es atmosphärische Gezeiten, die den Druck im Untergrund zyklisch verändern. „Diese Veränderung können wir mit geringem technischem, personellem und finanziellem Aufwand messen, um die Beschaffenheit des Untergrunds zu quantifizieren“, sagt Rau. Hierfür müssen die Ingenieure keine speziellen Gewinnungsbrunnen anlegen, sondern können einen automatischen Wasserdruck-Datenlogger in eine gewöhnliche Grundwassermessstelle platzieren. Der Drucksensor misst dann für mindestens einen Monat regelmäßig den Grundwasserspegel. Anhand der Messungen können die Forscher die physikalischen Eigenschaften des Untergrundes wie zum Beispiel Porösität, hydraulische Leitfähigkeit und Kompressibilität berechnen und die Erkenntnisse in eine nachhaltige Nutzung der Grundwasserressourcen umsetzen. „Da die Bohrungen der Beobachtungsstellen deutlich günstiger sind als das Anlegen von ganzen Brunnen, können wir an mehr Standorten messen und somit die Anzahl der bestimmten Untergrundeigenschaften deutlich und flächendeckend erhöhen“, so Rau.

 

Für ihre Methode haben die Forscher internationale Studien und Fachartikel aus verschiedenen Disziplinen untersucht und zusammengefasst: „Dabei haben wir gesehen, dass die jüngsten Fortschritte in der Grundwasserforschung das Potenzial für wesentlich kostengünstigere Langzeituntersuchungen des Grundwassers aufzeigen“, sagt Timothy McMillan vom Connected Waters Initiative Research Centre der UNSW Sydney. „Mit unserer Methode kombinieren wir Ingenieurwesen, Naturwissenschaften und Mathematik und können so durch die Auswirkungen der Gezeiten auf das Grundwasser die Untergrundeigenschaften berechnen.“ Diese Erkenntnisse können auch dazu beitragen, räumliche und zeitliche Schwankungen des Klimasystems und dessen Einfluss auf die Grundwasserreserven vorherzusagen. „Hier stehen wir in Zukunft vor gewaltigen Herausforderungen. Mit unserer Methode können wir die Ressourcen unter der Oberfläche einfacher untersuchen und damit auch nachhaltiger verwalten“, sagt Rau.

 

Presseinformation der University of New South Wales:    
https://newsroom.unsw.edu.au/news/science-tech/low-cost-way-explore-groundwater-resources-could-be-game-changer
 

Fachartikel:
https://agupubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1029/2018RG000630

 

Details zum KIT-Zentrum Klima und Umwelt: http://www.klima-umwelt.kit.edu

 

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 300 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

swe, 11.06.2019
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