Presseinformation 026/2017

Privacy: Schweigepflicht für das digitale Sparschwein

Bonuspunktekarten und digitales Bezahlen sind populär, aber ihre Nutzer hinterlassen eine Datenspur – Wissenschaftler vom KIT entwickeln System zum besseren Schutz der Privatsphäre
Mit ihrer Bonuskarte sammeln Konsumenten beim Bezahlen Punkte. Kryptographische Methoden könnten dabei die Privatsphäre besser schützen. (Bild: KIT)
Mit ihrer Bonuskarte sammeln Konsumenten beim Bezahlen Punkte. Kryptographische Methoden könnten dabei die Privatsphäre besser schützen. (Bild: KIT)

„Sammeln Sie Bonus-Punkte?“ Diese Frage gehört mittlerweile zum Einkaufsalltag. Mehr als 80 Prozent der deutschen Haushalte beteiligen sich an Bonusprogrammen. Sie laufen Gefahr, sensible Informationen über sich preiszugeben, wenn ein solches System missbraucht wird. Die Arbeitsgruppe Kryptographie und Sicherheit am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelt deswegen ein digitales Bonus- und Bezahlsystem, das einerseits die Anonymität der Kunden sicherstellt, andererseits den Betreibern die gewünschten Mehrwerte bieten soll.

 

„Nur die wenigsten Verbraucher machen sich Gedanken darüber, was man aus ihren Daten alles ablesen kann“, erklärt Andy Rupp, Experte für Kryptographie am KIT. In heutigen Systemen kann jeder Einkauf und jedes Produkt mit den persönlichen Angaben verknüpft werden, welche die Kunden bei der Registrierung hinterlassen. Selbst ohne die explizite Angabe von Kundendaten, besteht ein hohes Risiko der Verknüpfung von Einkäufen und Kundenidentität. Damit entstehen Bewegungs- und Personenprofile, die Rückschlüsse zulassen nicht nur auf das Kaufverhalten der Menschen, sondern etwa auch auf ihren Gesundheitszustand oder ihre persönlichen Vorlieben.

 

In heutigen Systemen führt das Endgerät des Kunden - eine Smartcard oder ein Smartphone - zum Punktesammeln praktisch keine Berechnungen aus. Es sendet nur eine Identifikationsnummer, mit der sich die neuen Bonuspunkte im Back-End des Betreibers einem Kundenkonto zuordnen lassen. Rupp und sein Forschungskollege Tibor Jager von der Universität Paderborn wollen diese Endgeräte intelligenter machen: Die Geräte speichern selbst den Punktestand und führen gemeinsam mit dem Betreiber kryptographische Algorithmen aus. Diese erlauben es, Punkte sicher und unter dem Schutz der Privatsphäre zu addieren oder zu subtrahieren. „Das Ganze funktioniert wie ein digitales Sparschwein, dessen Sicherheitseigenschaften mathematisch nachweisbar sind“, sagt Rupp. Niemand außer dem Kunden erfährt woher die Bonuspunkte stammen und wie viele er in den einzelnen Geschäften sammelt.

 

Das Einkaufen wird dank digitaler Systeme einfacher, aber hinterlässt auch umfangreiche Datenspuren. (Bild: KIT)
Das Einkaufen wird dank digitaler Systeme einfacher, aber hinterlässt auch umfangreiche Datenspuren. (Bild: KIT)

 

„Mit unserer Forschung wollen wir die Bürger für die Bedeutung von Privacy in der digitalen Welt sensibilisieren“, betonen Rupp und sein Team. Das digitale Sparschwein könnte unter anderem auch bei sogenannten Stored-Value-Cards – Geldkarten, die zum Beispiel der ÖPNV einsetzt – zur Anwendung kommen. Ein weiteres, in naher Zukunft relevantes Szenario ist das Vehicle-to-Grid-System (V2G). Bei V2G speisen Elektroautos in Zeiten, in denen zu wenig Energie zur Verfügung steht, Strom ins öffentliche Netz ein. Hierfür registrieren Server auf Parkplätzen die Zahl der Elektroautos und ihre jeweilige Kapazität und koordinieren die Einspeisung mit dem aktuellen Bedarf. Die Besitzer der Fahrzeuge erhalten dafür eine monetäre Entschädigung. In beiden Anwendungsfällen soll das neue System die Berechnung von Bewegungsprofilen verhindern.

 

Ein Prototyp läuft mit Kernfunktionalitäten bereits auf dem Smartphone. Das Forschungsteam will ihn jetzt zum einen für den Einsatz auf Smartcards optimieren und zum anderen seine Funktionalität für unterschiedliche Applikationen weiter ausbauen. Ein wichtiges Feature wäre zum Beispiel Bonuskartensysteme zu ermöglichen, die die Privatsphäre wahren. Betreiber könnten dann gezielt Statistiken berechnen, ohne kundenbezogene Daten zu erhalten.

 

Mehr zur Forschung:

http://crypto.iti.kit.edu/index.php?id=cyphycrypt

https://www.degruyter.com/view/j/popets.2016.2016.issue-3/popets-2016-0016/popets-2016-0016.xml

 

Details zum KIT-Zentrum Information · Systeme · Technologien (in englischer Sprache): http://www.kcist.kit.edu

 

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

sur, 01.03.2017
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